Ein Intakter Darm hält die gesamte Gesundheit des Menschen in Takt. Was sich ziemlich plakativ anhört, ist aber dennoch wahr. Rund 80 Prozent der Zellen, die für die körpereigenenAbwehrkräfte von großer Bedeutung sind, werden vom Darm hergestellt. An Hand jüngerer Studien lässt sich nun ein Zusammenhang von bestimmten Darmbakterien und Diabetes vermuten.
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Gesundheit beginnt im Darm
Durchschnittlich befinden sich etwa 100 Milliarden Bakterien im Gastrointestinaltrakt des menschlichen Körpers. Das entspricht einem errechneten Gewicht von etwa 1,5 Kilogramm. Für die Aufrechterhaltung der lebenswichtigen Darmflora (Dysbiose) ist es von wesentlicher Bedeutung, dass es sich dabei bevorzugt um sogenannte nützliche Darmbakterien handelt. Dazu zählen vor allem probiotische Kulturen unter anderem mit Milchsäurebakterien.
Unausgeglichene Darmflora kann Diabetes fördern
Doch befinden sich im Darm nicht nur nützliche, sondern auch schlechte, sogenannte pathogene Bakterien, die unter Umständen gesundheitsschädliches Potenzial entwickeln können. Bis zu 20 Prozent dieser schädlichen Darmbakterien kann im Normalfall die körpereigene Immunabwehr problemlos bewältigen. Ist jedoch die Balance der Darmflora gestört, reduzieren sich die nützlichen Bakterien und schaffen so die Grundlage für Krankheiten und Infekte. Bereits frühere Untersuchungen vermuteten, dass eine solche Dysbiose ein wichtiger Faktor bei der diagnostischen Früherkennung von Diabetes sein kann, beziehungsweise die Entstehung von Diabetes fördert. (Medizinauskunft, 2013)
Nützliche Darmbakterien spielen entscheidende Rolle
So haben Wissenschaftler der Universität Kopenhagen durch eine umfangreiche Studie belegt, dassdie Darmflora von Patienten mit Diabetes Typ-2 ein erhöhtes Aufkommen schädlicher Darmbakterien aufwiesen. An der Studie hatten 345 Chinesen teilgenommen, von denen 171 Patienten bereits an Diabetes Typ-2 erkrankt waren. Laut Dr. Michael Roden, Leiter der Klinik für Endokrinologie sowie Diabetologie der Universitätsklinik Düsseldorf, beruht diese Entwicklung auf der Verschiebung des Bakterienhaushalts im Darm zugunsten der pathogenen Bakterien. US-amerikanische Forscher haben zudem festgestellt, dass eine Dysbiose auch bei Typ-1-Diabetes eine entscheidende Rolle spielt. (Nature, 2012, doi:10.1038/nature11450)
Mikrobiom beeinflusst auch Diabetes Typ-1
Auch bei einer Typ1-Erkrankung sind Darmbakterien bei der Veränderung derjenigen Bakterien beteiligt, welche die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) nachhaltig schädigen und auf diese Weise Diabetes Typ 1 verursachen. Bei einer aktuellen Studie, an der 33 Kinder mit erhöhtem genetischen Diabetesrisiko untersucht wurden, konnte eine deutliche Veränderung bei den Darmbakterienstämmen verzeichnet werden.
So konnte schon ein Jahr vor Ausbruch der Zuckerkrankheit ein Rückgang der nützlichen Bakterien um bis zu 25 Prozent bei zeitgleichem Anstieg der pathologischen Bakterien festgestellt werden. Somit stellt sich die Frage, ob bei präventiver Stärkung des Darmmikrobioms die Entwicklung von Diabetes beeinflussen kann.(Cell, 2015, http://dx.doi.org/10.1016/j.chom.2015.01.001)
Probiotika soll Diabetes verhindern
Um diese Hypothese der frühen Exposition von Probiotika wissenschaftlich zu untermauern, wurdeeine Studie mit rund 8.000 Neugeborenen durchgeführt, bei denen ein erblich bedingtes, erhöhtesRisiko für eine Diabetes Typ-1 vermutet wurde. Bei dieser sogenannten Teddy-Studie wurden die Babys in zwei Gruppen eingeteilt. Während die eine Gruppe keine Probiotika erhielt, wurde die andere regelmäßig mit gesundheitsfördernden Mikroorganismen (Milchsäure/ Bifidobakterien) versorgt.
Im Ergebnis ließ sich feststellen, dass die Kinder die Probiotika erhielten in späteren Jahren nur sehr selten, die für eine Diabetes notwendigen, Inselzell-Antikörper entwickelten und somit nicht an Diabetes erkrankten.(JAMA Network, 2016, doi:10.1001/jamapediatrics.2015.2757)
Zu früh für therapeutische Empfehlung
Trotz des positiven Studienergebnisses halten die Wissenschaftler es noch für verfrüht, eine vorbeugende Probiotika-Kur zu empfehlen. Vielmehr sind die aktuellen Forschungsergebnisse als richtiger Ansatz für neue Diabetes Therapien zu verstehen. Bisher konnte durch die Stuhl-Transplantation von Mikroorganismen die Insulinempfindlichkeit zumindest bei Patienten mit metabolischen Syndrom deutlich verbessert werden. Wenngleich die Ergebnisse solcher Kurzzeitstudien erfolgversprechend sind, sind die Forscher noch vorsichtig optimistisch.
Nach Aussage von Dr.Michael Roden wissenschaftlicher Direktor und Vorstandsvorsitzenderdes Deutschen Diabetes-Zentrums) ist es falsch, die Entwicklung von Diabetes allein auf die Zusammensetzung eines Mikrobioms zu stützen. Es gibt noch viele Faktoren, die bei den bisherigen Studien noch nicht berücksichtigt wurden.
So sei der Einfluss genetischer Komponenten und Autoimmunprozessen bei Diabetes Typ-1 weiterhin zu beachten. Diese gelten klassischerweise als Ursache für den Erkrankungstyp und können auch Einfluss auf die Darmflora nehmen. Ebenso verhält es sich mit den typischen Ursachen für Typ-2-Diabetes-Erkrankung: Ernährungsgewohnheiten, Übergewicht oder Rauchen. Diese könnten der Störung der Darmflora zugrunde liegen und der eigentliche ursächliche Faktor für eine Diabetes sein. So gilt auch für Übergewichtige, dass diese häufiger unter Diabetes leiden. (121doc, 2016)
(, 26.10.2016 – )