Der Skandal traf die deutsche Forschungslandschaft völlig unvorbereitet: Bevor im Laufe des Jahres 1997 die umfangreichen Fälschungen der bis dahin renommierten Krebsforscher Friedhelm Herrmann und Marion Brach ans Licht kamen, hätte niemand einen so spektakulären und systematischen Wissenschaftsbetrug in Deutschland für möglich gehalten. Entsprechend war auch allerorten vom „Sündenfall der deutschen Forschung“ und von einem „beispiellosen Skandal“ die Rede.
Den Krebsforschern des renommierten Max-Delbrück Zentrums für Molekulare Medizin in Berlin-Buch wurde vorgeworfen, zwischen 1994 und 1996 systematisch Labordaten gefälscht und mindestens vier manipulierte Studien veröffentlicht zu haben. Entdeckt wurden die Fälschungen erst 1997, als ein wissenschaftlicher Mitarbeiter aus der Arbeitsgruppe der beiden Forscher sich an seinen Doktorvater wandte und um Hilfe bat.
Herrmann und Brach, die für ihre Experimente zur Erforschung der Regulation des Zellwachstums sowohl von der deutschen Krebshilfe als auch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mehrere hunderttausend Mark an Forschungsgeldern erhalten hatten, sollen nicht nur die Ergebnisse eigener Experimente gefälscht haben, sondern auch Ideen und Ergebnisse anderer Forscher in großem Umfang geklaut haben. „Daten von den Japanern geklaut, selber keine Experimente gemacht, Story zusammengestrickt, Abbildungen am Computer generiert, fertig ist die Veröffentlichung“, charakterisierte ein ehemaliger Labormitarbeiter später die Vorgehensweise von Herrmann und Brach gegenüber der Berliner Zeitung.
Mitte 1996, als die beiden Wissenschaftler mit ihrer Arbeitsgruppe vom Max-Delbrück Zentrum an die Ulmer Universität gewechselt waren, stellt ein wissenschaftliche Mitarbeiter „merkwürdige Symmetrien“ in den Abbildungen einer Studie fest und spricht Marion Brach darauf an: „Ich habe Frau Bach damals dringend geraten, die Studie zurückzuziehen.“ Trotz wiederholter Zusicherungen geschieht dies jedoch nicht, die Studie wird statt dessen in der renommierten Fachzeitschrift „Journal of Experimental Medizine“ ohne Beanstandungen der Gutachter veröffentlicht. Der wissenschaftliche Mitarbeiter, dem die Unregelmäßigkeiten aufgefallen war, wird unterdes von Herrmann und Brach zur Rede gestellt. Sie drohen, ihn wegen übler Nachrede zu verklagen.