Oldtimer der Tierwelt im Visier der Forscher

Im Inneren amorph: Glas © MMCD
Seit mehr 25 Jahren erforscht Professor Hans Fricke vom Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie in Seewiesen die Quastenflosser. Mithilfe des Tauchbootes „GEO“ ist es ihm 1987 gelungen, erstmals die Tiere und ihr Verhalten im natürlichen Lebensraum zu beobachten und zu filmen. Damit hat er viele Geheimnisse um die „Oldtimer“ der Tierwelt gelöst.
So hat er beispielsweise entdeckt, dass die Tiere tagsüber meist regungslos in kleinen Gruppen in 300 Meter tief gelegen Vulkanhöhlen vor den Komoren vor sich „dämmern“. Erst in der Nacht werden sie aktiver und orten mithilfe eines Elektrorsensors Beutefische. Dabei gehen sie äußerst ökonomisch vor und nutzen jede noch so geringe Strömung im Meer, um vorwärts zu kommen. So halten die Tiere den Energie- und Sauerstoffverbrauch so klein wie möglich.
So langsam und träge die Quastenflosser normalerweise auch wirken, wenn es darum geht einen Fisch zu ergattern, können sie laut Fricke erstaunlich flink und schnell werden. Ist die Beute in Reichweite, schießt der Quastenflosser angetrieben von seiner Schwanzflosse blitzschnell vor und schnappt sich den überraschten Fisch.
Mit einem Mythos um die Quastenflosser hat Fricke im Laufe der Jahre aber aufgeräumt: Im Gegensatz zu ihren Vorfahren nutzen sie ihre vier Brust- und Beinflossen heute nicht mehr, um damit über den Meeresboden „spazieren zu gehen“, sondern lediglich um die Balance zu halten. Fricke und sein Team schätzen, dass die Population an Quastenflossern vor den Komoren vielleicht 500 bis 1.000 Tiere groß ist. Genau wissen sie es nicht.
Quastenflosser häufiger als gedacht?
Doch nicht nur vor den Komoren gibt es die lebenden Fossilien, auch in anderen Regionen der Erde ist man mittlerweile auf Quastenflosser gestoßen. So tauchte im September 1997 ein totes Exemplar auf einem Fischmarkt in Manado/Indonesien auf – rund 10.000 Kilometer von der einzigen bisher bekannten Population entfernt.
Grund genug für Fricke, mit seinem Tauchboot „Jago“ auch dort nach lebenden Exemplaren zu suchen. Und siehe da, Ende 1999 wurde er fündig. In einer Höhle in knapp 160 Meter Tiefe vor Manado entdeckte er mehrere lebende Exemplare der seltenen Fische. Wie Gentests bewiesen, handelte es sich dabei um eine eigene Art, die sich vor mindestens einer Million Jahren von den Komoren-Quastenflossern getrennt hat.
Auch in der Sodwana-Bucht an der Grenze von Südafrika zu Mosambik haben Meeresforscher Fricke und sein Team – dabei ist unter anderem noch die Zoologin Karen Hissmann – Quastenflosser aufgespürt. Zuletzt entdeckten sie im April 2004 zwei neue bisher unbekannte Exemplare, die den dortigen Bestand auf insgesamt 21 Tiere erhöhten.
Fragen über Fragen
Doch noch sind längst nicht alle Rätsel um die Quastenflosser gelöst. Gibt es noch andere Populationen von Latimeria in den Ozeanen? Wie schaffen sie es, Entfernungen von 10.000 Kilometer oder mehr zu überwinden? Welche Verwandschaftsverhältnisse bestehen zwischen den verschiedenen Populationen?
Auf diese und viele andere Fragen wissen die Wissenschaftler heute noch keine befriedigende Antwort. Mithilfe von DNA-Analysen oder Sendern wollen sie in Zukunft jedoch mehr über die möglichen Urahnen der Landwirbeltiere erfahren.
„Wir wollen jetzt Gewebeproben sammeln, die uns bei unserer Genanalyse des Sodwana-Quastenflossers helfen werden“, sagte Fricke in einer Sendung des Wissenschaftmagazins Nano im Jahr 2002. Wir hoffen, auch in der Lage zu sein, einige von ihnen zu markieren, um ihre Bewegungen von der Oberfläche verfolgen zu können.“
Stand: 10.12.2004
10. Dezember 2004