Tatort: Die Laacher See-Region in der Eifel. Ziemlich kühl, aber wenigstens einigermaßen trocken ist es dort vor 12.900 Jahren. Die Eiszeit geht langsam aber sicher zu Ende und die Natur erwacht immer stärker aus ihrem Jahrtausende dauernden Kälteschlaf. Längst gibt es wieder viele verschiedene Pflanzenarten, darunter auch Bäume wie Kiefern oder Pappeln. Auf Menschen trifft man nur hin und wieder – etwa wenn sie in kleinen Trupps auf Jagd gehen und ihre Beute hierhin verfolgen.
Ein Drama in mehreren Akten
Früher gab es in diesem Gebiet häufiger Vulkanausbrüche. Darauf deutet zumindest ein kleiner Krater hin, der deutlich sichtbar aus der Landschaft heraussticht. Doch im Moment ist alles ruhig – noch. Denn in fünf bis sechs Kilometer Tiefe unter der Erdoberfläche braut sich bereits etwas zusammen. Dort haben sich riesige Mengen an glühend heißem Magma angesammelt, die an die Erdoberfläche drängen.
Was dann folgt, ist ein ebenso beeindruckendes wie landschaftsveränderndes Drama in mehreren Akten. Alles beginnt, als das geschmolzene Gestein im Untergrund mit Grundwasser in Kontakt gerät, das aufgrund der hohen Temperaturen sofort verdampft. Die Folge des Überdrucks: gewaltige Detonationen und eine Wolke aus Wasserdampf und vulkanischem Material, die durch das gesamte Neuwieder Becken rast und eine erste Spur der Verwüstung hinterlässt.
Kilometer hohe Eruptionssäulen
Doch der nächste Akt wartet bereits. Denn nachdem sich der neue Vulkan erst mal „Luft“ verschafft hat, nimmt der Ausbruch richtig Fahrt auf. Das Magma im Vulkanschlot wird durch sich ausdehnende vulkanische Gase zerrissen und anschließend durch einen mit 200 bis 400 Meter pro Sekunde herausschießenden Strahl aus Bims, Asche und Gasen in kleine Stücke zerrieben. Wie Sekt aus dem Hals einer heftig geschüttelten Flasche „spritzt“ das vulkanische Material aus dem Krater. Unaufhaltsam bahnen sich die Eruptionswolken ihren Weg nach oben und landen schließlich sogar in der Stratosphäre – 30 Kilometer über der Erdoberfläche.
Mit dem Wind werden die Ascheteilchen weit verfrachtet und regnen noch im Süden Schwedens und in Norditalien vom Himmel. Doch in der Eifel und ihrer unmittelbaren Umgebung sind die Auswirkungen noch viel schlimmer. Die Eruptionswolken machen den Tag zur Nacht, meterdicke Ascheschichten decken Bäume, Sträucher, Hügel und Taler zu und ersticken alles Leben. Insgesamt 16 Kubikkilometer an Lockermaterial – so genanntes Tephra – stößt der Vulkan im Laufe der nächsten zwei bis drei Tage aus. Dabei handelt es sich um einen bunten Mix aus Asche, Bims und zum Teil mehrere Meter großen „Bomben“.
Zerstörerische Glutlawinen
Die wenigen Menschen, die aus weiterer Entfernung das Schauspiel beobachten, bekommen einen gehörigen Schrecken – und fürchten um ihr Leben. Denn es beginnt die Zeit der Glutlawinen oder pyroklastischen Ströme. Solche 500 bis 600°C heißen, aus vulkanischen Gasen, Aschen und Gesteinsbruchstücken bestehenden Gebilde schießen immer wieder die Vulkanhänge herab und breiten sich in rasend schnellem Tempo in die umliegenden Regionen wie das Tönissteiner Tal oder das Brohltal aus. Manche von ihnen erreichen sogar den über zehn Kilometer entfernt liegenden Rhein. Während die Glutlawinen in Vulkannähe die Landschaft verbrennen, erodieren und radikal verändern, lagern sie am Ende ihres Weges den mitgeführten Ballast ab. Dabei füllen sie Senken oder Täler auf.
Dieses Szenario aus Eruptionswolken und Glutlawinen wiederholt sich in der Folge gleich mehrfach. Kein Wunder, dass im Brohltal die Ablagerungen am Ende sogar bis zu 60 Meter dick sind.
Aber damit nicht genug: Während des Ausbruchs des Laacher See-Vulkans kommt es auch zu massiven Absenkungen der Erdkruste, durch die vielerorts Gräben aufbrechen. Regelmäßig lassen zudem Erdbeben den Boden erzittern. Und irgendwann schließlich ist die riesige Magmakammer zum größten Teil entleert und bricht ein.
Letzte Hustenanfälle
Der letzte Akt beim Ausbruch des Laacher See-Vulkans steht dann wieder ganz im Zeichen von Feuer und Wasser. Immer wieder kommt es durch den direkten Kontakt beider Elemente zu starken so genannten phreatomagmatischen Eruptionen. Das Wasser verdampft dabei explosionsartig und schleudert Aschen und Vulkanmaterial weit hinaus in die Umgebung. Bis schließlich auch die letzten „Hustenanfälle“ des Feuerbergs aufhören, dauert es aber noch Wochen oder Monate.
Als schließlich doch alles vorbei ist, ist die Landschaft rund um den Vulkan nicht mehr wiederzuerkennen. Wo früher Wälder und Sträucher standen und friedlich Tiere grasten, existiert nur noch eine Mondlandschaft. Asche, Bims und erkaltete Lavafetzen so weit das Auge reicht.
Stand: 16.10.2009