Wenn es gelänge, die Wirksamkeit von homöopathischen Präparaten direkt an Zellen oder Geweben nachzuweisen, wäre der Vorwurf eines Placeboeffekts vom Tisch. Denn eine Zelle oder ein Muskel reagiert definitiv nur auf Reize, die tatsächlich da sind. Auf hochpotenzierte homöopathische Präparate, die kein Wirkstoffmolekül mehr enthalten, dürften sie daher auch nicht reagieren. Doch im Februar 2004 erschien im Journal „Biologische Medizin“ der Artikel einer Forschungsgruppe, die genau das – eine „In-vitro-Testung von homöopathischen Verdünnungen“ – mit positivem Ergebnis durchgeführt haben wollte.

Hochpotenzen hemmen Muskelkontraktionen
Professor Karen Nieber, Professor Wolfgang Süß und Franziska Schmidt, Pharmazeuten an der Universität Leipzig, berichteten darin von einem Versuch an isolierten Muskelpräparaten des Rattendünndarms. Eingespannt in eine in Nährlösung getauchte Halterung, reagiert dieser normalerweise mit Kontraktionen, wenn er mit dem Botenstoff Acetylcholin (ACh) stimuliert wird. Nieber und Co. gaben nun jeweils vor dem Stimulans das homöopathische Präparat Belladonna in unterschiedlichen Dosierungen von D6 bis D100 hinzu und maßen, wie sich die Kontraktionsstärke des Darms änderte.
}„Mit der homöopathischen Belladonna-Verdünnung wurden die Kontraktionen der Präparate deutlich verringert, ablesbar an den auf dem Bildschirm erscheinenden Kurven“, vermeldete die Pressestelle der Universität das Ergebnis. „Damit war der Wirkungsnachweis des Homöopathikums erbracht. Auch nach mehrmaliger Wiederholung der Versuche ergab sich immer das gleiche Resultat.“ Gewonnen aus dem Extrakt der Tollkirsche, enthält Belladonna in sehr niedrigen Konzentrationen noch geringste Mengen von Atropin, einem lähmend wirkenden Pflanzengift. Doch als besonders effektiv erwiesen sich in den Versuchen ausgerechnet die Hochpotenzen D60 und D100, Verdünnungen, die nachweislich keine Atropinmoleküle mehr enthalten können.

Diese Ergebnisse der Leipziger Wissenschaftler sorgten für reichlich Furore, bedeutete das doch nichts weniger, als dass hier gleich mehrere naturwissenschaftliche Grundannahmen offensichtlich außer Kraft gesetzt sein mussten. Für Homöopathen war indes klar, dass hier endlich die geheimnisvolle „dynamische Kraft“ der Potenzierung nachgewiesen war. Der Forschergruppe hatte diese Sensation bereits kurz zuvor den immerhin auf 10.000 Euro dotierten Hans-Heinrich-Reckeweg-Preis eingebracht.