Wir schreiben das Jahr 1988. Die Astronomen Ben Zuckerman und Eric Becklin von der Universität von Kalifornien in Los Angeles suchen die Nadel im Heuhaufen: Unter allen leuchtenden Sternen des Nachthimmels fahnden sie mit Hilfe eines Infrarotteleskops ausgerechnet nach den lichtschwächsten, kleinsten und unscheinbarsten Objekten, die der Kosmos zu bieten hat. Denn sie suchen Braune Zwerge. Bisher hat noch niemand diese theoretisch postulierten „Fast-Sterne“ gefunden, doch sie geben nicht auf. Beim Stern GD 165, einem Weißen Zwerg, stoßen sie dann tatsächlich auf ein seltsames Phänomen. GD 165 sendet mehr Infrarotstrahlung aus, als für seinen Typ normal. Die Astronomen schauen genauer hin und schnell wird klar, dass diese Wärmesignatur nicht von ihm, sondern von einem zuvor unbekannten, sehr dunklen Begleiter stammen muss.
Wäre dies ein Brauner Zwerg, wäre die Sensation perfekt. Doch noch ist nicht klar, was die beiden Astronomen da eigentlich entdeckt haben. Das Objekt leuchtet zwar eindeutig im sehr dunkelroten Bereich und scheint damit deutlich kühler zu sein als alle bisher bekannten Zwerg-Sterne des M-Typs. Aber die technischen Möglichkeiten der ersten Generation von Infrarotdetektoren reichen nicht aus, um Masse, Temperatur und chemische Komposition des Objekts näher zu bestimmen. GD 165 gilt daher zwar als neue Art von Zwergensternen, als Prototyp der so genannten „L-Zwerge“, aber der so lange gesuchte Beleg für die Existenz eines Braunen Zwerges ist er nicht.
Fund im Sternbild Hase
Dieser Beweis gelingt erst knapp sieben Jahre später einen Astronomenteam vom California Institute of Technology (Caltech) und der Johns Hopkins Universität. Ihre Suchstrategie ist es, systematisch die Umgebung von Sternen abzusuchen, die nicht älter sind als eine Milliarde Jahre. Denn innerhalb dieses Zeitraums, so ihre Theorie, wären Braune Zwerge noch nicht so stark abgekühlt und damit besser als schwache Infrarotsignale erkennbar.
Dementsprechend richten sie ihr 1,5 Meter-Teleskop auf dem Mount Palomar auch auf Gliese 229, einen schwachen roten Zwergstern im Sternbild Hase, rund 18 Lichtjahre von der Erde entfernt. Anhand der Aufnahmen erkennen sie, dass der Rote Zwerg nicht allein ist, auch er hat einen Begleiter, der ihn in rund 40 Jahren einmal umkreist.
Verräterische Methanlinien im Spektrum
Im Gegensatz zu ihren Kollegen Becklin und Zuckerman können die Astronomen mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble sowie des Fünf-Meter-Infrarotteleskops auf dem Mount Palomar mehr über die Natur dieses Begleiters herausfinden. Entscheidende Hinweise gibt vor allem ein Spektrum im Nahinfrarotbereich. Die Masse des Objekts entpuppt sich als erster Grund zur Freude: Sie liegt bei nur rund 20 bis 50 Jupitermassen, also deutlich unter der für Sterne üblichen Grenze.
Doch es wird noch besser: Im Infrarotspektrum des Objekts sind deutlich sichtbare Absorptionsbanden des Moleküls Methan zu erkennen – eine chemische Verbindung, die bisher nur in der Atmosphäre von Gasriesen wie dem Jupiter und auf dem Saturnmond Titan nachgewiesen worden ist. In den weit mehr als 1.800°C heißen Sternen dagegen kann Methan nicht existieren, da es schon bei Temperaturen von mehr als 1.200°C zerfällt. Damit ist klar: Gliese 229B, wie der Begleiter getauft wird, kann kein Stern sein. Die Temperaturen an seiner Oberfläche liegen bei gerade einmal 700°C, wie Daten des Weltraumteleskops Hubble belegen.
„Alle unsere Beobachtungen sind mit der Theorie der Braunen Zwerge konsistent“, erklärt Sam Durrance von der Johns Hopkins Universität bei der Veröffentlichung der Daten im Jahr 1995. Er und seine Kollegen sehen in Gliese 229B eindeutig den Prototypen einer neuen Spektralklasse von kosmischen Objekten, einen Braunen Zwerg des „T-Typs“.
Fast ein Double des Jupiter
„Dies ist das erste Mal, dass wir jemals ein Objekt außerhalb unseres Sonnensystems beobachtet haben, dessen Spektrum so erstaunlich dem eines planetaren Gasriesen gleicht“, erklärt Shrinivas Kulkarni vom Caltech. „Es sieht aus wie Jupiter, aber das ist genau das, was wir von einem Braunen Zwerg erwarten würden.“ Neben dem Methan zeigen die Infrarotbanden auch Signale von Wasser, molekularem Wasserstoff, Natrium und Kalium – alles Verbindungen, wie sie typisch sind für die Atmosphäre von Gasplaneten.
Doch genau das ist das Problem: Während Temperatur, Masse und Methanbanden Gliese 229B eindeutig als „Nicht-Stern“ klassifizieren, ist die Abgrenzung von einem großen Planeten weniger eindeutig.
Nadja Podbregar
Stand: 07.05.2010