Nach 1.468 Bohrtagen war Schluß. Die Bohrmeister hängten den Meißel an den Nagel und konnten auf ein sehr erfolgreiches Projekt zurückblicken, auch wenn sie die ursprünglich angepeilte Tiefe nicht erreichten. Doch genau diese Tatsache gehört zu den fünf wissenschaftlichen Höhepunkten des gesamten Projektes. Denn die Bohrung mußte abgebrochen werden, weil der Temperaturanstieg schneller erfolgte, als erwartet.
Statt erst in 12 bis 14 Kilometern den anvisierten Temperaturbereich von 250 bis 300 Grad Celsius zu erreichen, war es bereits ab 9000 Metern so heiß, daß das Gestein plastisch zu werden begann. Diese Entdeckung wirft die Frage auf, ob nicht mancherorts jenseits der bisher untersuchten relativ geringen Tiefen weitaus mehr Erdwärme zur Nutzung zur Verfügung steht, als bisher angenommen.
Das zweite wichtige Ergebnis war, daß die Wissenschaftler die Natur seismischer Reflektoren im Grundgebirge klären konnten. Es zeigte sich, daß es sich um gänzlich andere Strukturen als in Deckgebirgen handelt, daß man also auf die in den Deckgebirgen gesammelten Erfahrungen nicht zurückgreifen konnte. Die Untersuchungen im KTB ermöglichten es aber, die vorgefundenen Gebirgsstrukturen mit den seismischen Aufzeichnungen zu vergleichen und so eine Basis für zukünftige Projekte in Grundgebirgen zu liefern.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis konnte im „Dipol-Dipol-Experiment“ die Messung der elektrischen Leitfähigkeit als Verfahren zur Sondierung in der Tiefe „geeicht“ werden. Es zeigte sich, daß Graphit – ein guter elektrischer Leiter – als eine Art Rutschbahn für Gesteinsblöcke innerhalb der Erdkruste dient. Die Blöcke gleichen durch das Gleiten auf den Rutschbahnen Spannungen aus, die durch die Bewegung der Platten entstehen. Die Wissenschaftler erhielten mittels dieser Methode ein dreidimensionales Abbild elektrisch gut leitender Zonen in der Umgebung des Bohrlochs. Mit dem „Dipol-Dipol-Verfahren“ haben die Geowissenschaftler jetzt ein Werkzeug in der Hand, mit dem sie künftig diese Rutschbahnen von der Oberfläche aus orten und mehr über die Dynamik von Bewegungen in der Erdkruste herausfinden können.