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Raumfahrt

Wie ein Geochemiker

Die Ziele der Marsmission

Mit dem Mars Science Laboratory, wie der „Curiosity“-Rover offiziell heißt, läutet die NASA eine neue Ära in der Marserkundung ein. Denn das fahrbare Labor ist in Bezug auf seine Maße, aber auch seine Technologie allen anderen Marslandesonden weit voraus. Waren sie eher klein, kompakt und nur mit den Nötigsten ausgerüstet, ist Curiosity dagegen ein echter Riese und mit allem gespickt, was das Marsforscherherz begehrt. Er soll wie die Geochemie des Roten Planeten so genau erkunden wie kaum jemand vor ihm. Ziel ist dabei nicht, mögliches Leben zu finden, sondern genauer als bisher nachzuweisen, dass es einst auf dem Mars Bedingungen gab, die ein solches Leben möglich machten.

Curiosity und zwei seiner Vorgänger im Vergleich: Curiosity (rechts), ein Modell der Rover Spirit und Opportunity (links) und in der Mitte der Mars Pathfinder-Rover. © NASA/JPL-Caltech

„Spirit und Opportunity kann man am ehesten mit Roboter-Geologen vergleichen. Curiosity geht aber einen Schritt weiter“, erklärt Ashwin Vasavada, Mitglied im Science-Team der Mission. „Curiosity ist ein robotischer Geochemiker. Mit ihm bringen wie einige der modernsten Labortechnologien auf den Mars, um detaillierte geochemische Analysen der Gesteine und Böden, aber auch der Atmosphäre durchführen zu können.“

Ein Berg im Krater

Zielgebiet des Rovers ist Mount Sharp – ein 5.000 Meter hoher Berg im Inneren des 154 Kilometer großen Gale-Kraters. Nahe am Mars-Äquator gelegen, vereinigt diese Landschaft im Inneren des Meteoritenkraters gleich mehrere Merkmale, die sie besonders spannend machen. Denn der Berg im Kraterinneren ist nicht, wie man zunächst annehmen könnte, beim Einschlag eines urzeitlichen Asteroiden entstanden. Stattdessen besteht aus einem Stapel von Sedimentgesteinen, die sich in den drei Milliarden Jahren seit der Entstehung des Kraters abgelagert haben. Offenbar, so vermuten die Forscher, muss zwischenzeitlich der gesamte Krater mit solchen Ablagerungen ausgefüllt und sogar überdeckt gewesen sein.

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„Nachdem die Sedimente zu Stein geworden waren, muss etwas einen Teil dieser Ablagerungen wieder abgetragen und aus dem Krater hinaustransportiert haben“, sagt Ken Edgett von Malin Science Systems, zuständig für eines der Rover-Instrumente. Aber was? Hat Wasser die Sedimente weggespült? Gab es vielleicht sogar einst einen See im Kraterinneren? Oder sorgte die Erosion durch den Wind dafür? Zumindest eine gewisse Rolle muss Wasser irgendwann in der Vergangenheit gespielt haben. Denn Instrumente an Bord der Marssonden in der Umlaufbahn haben bereits festgestellt, dass einige Minerale in den Schichten des Berges Wasser enthalten. Aufschluss über dieses Rätsel soll nun der Curiosity-Rover bringen.

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Geschichtsbuch aus Gestein und Mineralen

Doppelt so hoch wie die Wände des Grand Canyon, verbergen sich in den geschichteten Ablagerungen des Mount Sharp wertvolle Hinweise auf die vergangenen Umweltbedingungen. Denn die einzelnen Minerale, ihre Wassergehalt und die in ihnen gespeicherten Isotope verraten den Planetenforschern viel darüber, wie warm, nass und vor allem lebensfreundlich es zu unterschiedlichen Zeiten in der Marsgeschichte war.

Unter anderem mit Hilfe seines "ChemCam"-Lasers soll Curiosity die Gesteine seiner umgebung analysieren © NASA/JPL-Caltech

„Mount Sharp liefert uns eine der dicksten kontinuierlichen Schichtfolgen des gesamten Sonnensystems“, sagen die Forscher. Wenn man die Botschaften dieses steinernen Geschichtsbuchs entschlüsselt hat, so ihre Hoffnung, lässt sich diese Sequenz gewissermaßen als Eichskala für andere, unvollständigere Schichtfolgen nutzen, die an anderen Stellen des Mars gefunden werden. „Mount Sharp ist der einzige für uns zurzeit erreichbare Ort auf dem Mars, wo wir diese stratigrafischen Abfolgen genauer erkunden können“, sagt John Grotzinger, Chefwissenschaftler des Mars Science Lab.

Indizien für eine feuchte Vergangenheit

Zusätzlich aber liefert auch der Kraterboden einiges an Forschungsmaterial: So ragen gleich mehrere zungenartige Formationen von den Rändern in die Mitte, die den Ablagerungen in den Deltas irdischer Flüsse ähneln. Ob sie einst möglicherweise auch im Wasser entstanden, soll der Rover zeigen. Am Nordhang des Kraters hat sich ein Canyon tief eingegraben, auch er könnte durch schnell fließendes Wasser gebildet worden sein. Risse im Untergrund und Ton- und Sulfatminerale deuten ebenfalls auf eine feuchte Vergangenheit ihn. „Die Hoffnung dieser Mission ist es, Belege für lebensfreundliche Bedingungen zu finden und herauszufinden, wann und warum sich dies änderte“, sagt Grotzinger. Mindestens ein Marsjahr – 687 Erdtage – soll der Rover in seinem Zielgebiet unterwegs sein.

Um allerdings in den Krater und damit an seinen Aufgabenort zu kommen, muss Curiosity ein waghalsiges Manöver hinlegen…

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Nadja Podbregar
Stand: 02.08.2012

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Mit "Curiosity" zum Mars
Bohrroboter, Chemielabor und hochsensible Spürnase zugleich

Die Mission im Überblick
Die wichtigsten Ereignisse in Kurzform

Wie ein Geochemiker
Die Ziele der Marsmission

Punktlandung nach 350 Millionen Kilometern
Komplexe Technik soll das Unmögliche möglich machen

Sieben Minuten des Terrors
Vom Eintritt in die Atmosphäre bis zum Touchdown

Gehirn, Arm und Energieversorgung
Die Ausstattung des Curiosity-Rovers

Chemielabor im Miniaturformat
Die wissenschaftlichen Instrumente des Rovers

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