Auch die Dinosaurier waren nicht vor Atemwegsinfektionen gefeit: Sie könnten wie wir unter Halsweh, Husten und anderen Erkältungssymptomen gelitten haben. Indizien für eine solche Infektion liefert nun das 150 Millionen Jahre alte Fossil eines langhalsigen Sauropoden. Bei ihm haben Paläontologen auffallende Verwachsungen an den Halswirbeln entdeckt, wie sie auch bei heutigen Reptilien und Vögeln durch schwere Atemwegsinfektionen entstehen.
Viele Krankheiten und ihre Erreger haben weit in die Evolution zurückreichende Wurzeln. So deuten Fossilfunde daraufhin, dass es schon vor 290 Millionen Jahren virale Knochenerkrankungen bei Reptilien gab. Die 75 Millionen Jahre alte Knochengeschwulst eines anderen Fossils verrät, dass schon die Dinosaurier an Krebs erkrankten. Und auch unter Malaria könnten die Dinos schon gelitten haben.
Dinosaurier-Wirbel unter der Lupe
Ein weiteres Beispiel für eine Infektionskrankheit bei einem Dinosaurier haben nun Cary Woodruff vom Great Plains Dinosaur Museum in den USA und seine Kollegen entdeckt. Für ihre Studie hatten sie die Halswirbelknochen eines rund 150 Millionen Jahre alten Sauropodenfossils näher untersucht. Die Knochen stammen von dem noch jungen Exemplar eines langhalsigen Pflanzenfressers aus der Gruppe der Diplodicidae – der Gruppe, zu der auch Riesendinosaurier wie Brontosaurus, Supersaurus oder Diplodocus gehörten.
„Die Wirbelknochen von Sauropoden sind für ihre zahlreichen Hohlräume bekannt“, erklären die Paläontologen. Ähnlich wie bei heutigen Vögeln machten diese Luftkammern die Knochen der Dinosaurier leichter. Einige von ihnen waren auch mit den Lungen verbunden und vergrößerten so das Atemvolumen der riesigen Tiere.
Knochen-Deformationen zeugen von einer Krankheit
Bei der Analyse der Wirbelknochen mittels Computertomografie entdeckten die Forschenden mehrere auffällige Deformationen. Diese unregelmäßig geformten Knochenwucherungen ragten teilweise bis in die Hohlräume der Knochen hinein. „Angesichts dieser bemerkenswert offensichtlichen Knochenläsionen stellt sich die Frage, was sie verursacht haben könnte“, schreiben Woodruff und seine Team. Aufgrund deutlicher Unterschiede zu den Wucherungen nach einem Knochenbruch schließen sie eine Fraktur als Auslöser aus,
Struktur und Form der Deformationen sprechen ihrer Ansicht nach eher dafür, dass eine Krankheit für diese Anomalien verantwortlich war. So wäre theoretisch denkbar, dass dieser „Dolly“ getaufte Sauropode an einer Art Knochenkrebs litt – möglicherweise auch an Knochenmetastasen eines Lungenkrebses. Allerdings wäre eine solche Krebserkrankung bei einem Jungtier sehr ungewöhnlich, wie die Paläontologen erklären.
Litt „Dolly“ an einer Luftsackentzündung?
Deutlich wahrscheinlicher sei hingegen eine andere Erkrankung: ein schwerer Atemwegsinfekt, so das Team. Bei Vögeln und heutigen Reptilien kommen solche Erkrankungen der Atemwege, Lungen und Luftsäcke häufiger vor. Die Tiere leiden dann unter Fieber, Husten und Entzündungen der Atemorgane bis hin zur Lungenentzündung. Sind auch die Luftsäcke betroffen, kann die Infektion im Extremfall auf den angrenzenden Knochen übergreiffen und dort entzündliche Veränderungen auslösen.
„Angesichts der möglichen Symptome, an denen dieses Tier litt, kann einem Dolly angesichts seiner infizierten Knochen nur leidtun“, sagt Woodruff. „Wir kennen alle solche Symptome wie Husten, Atembeschwerden, Fieber. Und hier haben wir einen 150 Millionen Jahre alten Dinosaurier, der sich damals wahrscheinlich genauso mies fühlte, wie wir heute bei einer Erkältung.“ Sollte der junge Dinosaurier tatsächlich an einer schweren Luftsackentzündung gelitten haben, könnte er daran sogar gestorben sein. Denn auch bei modernen Vögeln kann diese Infektion unbehandelt tödlich enden.
Schimmelpilz als möglicher Urheber
Nach Angaben von Woodruff und seinen Team lässt sich zwar nicht sicher feststellen, dass „Dolly“ tatsächlich unter einer solchen Atemwegsinfektion litt. Sie halten es aber für die wahrscheinlichste Erklärung für die Knochendeformationen. Angesichts der Tatsache, dass diese Infektionskrankheit heute sowohl bei Vögeln als auch bei Reptilien vorkommt, sei dies auch in evolutionärer Hinsicht plausibel.
„Das Fossil dokumentiert damit den ersten Fall einer Luftsackentzündung bei einem nicht-aviären Dinosaurier“, konstatieren Woodruff und seine Kollegen. Welcher Erreger die Atemwegsinfektion des Dinosauriers verursachte, ist jedoch unklar. Die Wissenschaftler vermuten aber, dass es sich um eine bakterielle Infektion mit Chlamydien oder um eine Aspergillose gehandelt haben könnte – eine Infektion durch einen pathogenen Schimmelpilz. Letzter könnte sich im warm-feuchten Klima der damaligen Umgebung besonders gut verbreitet haben.
„Angesichts der Häufigkeit beider Infektionen bei Vögeln kann man nicht umhin, einen ähnlichen Erreger bei diesen Sauropoden zu vermuten“, konstatieren die Paläontologen. (Scientific Reports, 2022; doi: 10.1038/s41598-022-05761-3)
Quelle: Ohio University