Wenn in einem Computerspiel jedes einzelne Barthaar eines Magiers zu erkennen ist, dann steckt eine leistungsfähige Grafikkarte dahinter. Sie muss in Bruchteilen von Sekunden die Bildelemente und die einzelnen Bildpunkte neu berechnen. Aber die Grafikkarte kann noch wesentlich mehr. Wissenschaftlern ist es jetzt gelungen, eine bekannte Problemstellung aus der Physik auf einer Grafikkarte 60 Mal schneller durchzurechnen als mit einem normalen Prozessor.
„Der Boom in der Computerspiele-Branche hat dazu beigetragen, dass heute extrem leistungsfähige Grafikkarten zur Verfügung stehen“, erklärt Johannes Josef Schneider vom Schwerpunkt für rechnergestützte Forschungsmethoden in den Naturwissenschaften an der Universität Mainz. Eine GPU, die Abkürzung steht für Graphics Processing Unit, besitzt heute fast jeder Computer. „Wir haben diese Rechenpower nun in ganz andere Bahnen gelenkt und dafür genutzt, das Standardproblem der statistischen Physik zu untersuchen“, ergänzt der Physiker Tobias Preis, der die Berechnungen im Rahmen seiner Doktorarbeit vorgenommen hat. Die Ergebnisse hat das Fachmagazin Journal of Computational Physics veröffentlicht.
Grafikkarte löst viele Aufgaben gleichzeitig
Vor einem Jahrzehnt, so berichtet Schneider, habe der Zauberer in einem Adventure-Game mit seinem Stab auf den Boden geklopft, wenn er einen Fluch ausgesprochen hat. Heute müsse zudem sein Bart im Wind flattern und jedes einzelne Haar zu sehen sein. „Die Anforderungen der Spiele-Industrie haben die Entwicklung von Grafikkarten vorangetrieben, sodass sie immer schneller wurden.“ Mittlerweile sind sie so schnell, dass sie bei bestimmten Rechenaufgaben den dafür eigentlich zuständigen zentralen Computer-Bausteinen, den Hauptprozessoren, überlegen sind.
Denn während die Central Processing Units (CPU) alles hintereinander abarbeiten, können Grafikkarten viele kleinere Aufgaben gleichzeitig lösen. „Wir können ein Fußballfeld entweder mit einem Rasentraktor mähen und dabei Bahn um Bahn abfahren, oder aber wir nehmen 50 kleine Hand-Rasenmäher und lassen sie gleichzeitig auf jeweils einer Bahn starten“, illustriert Preis. „Die Hand-Rasenmäher beziehungsweise die Grafikkarten sind schneller fertig.“