Astronomie

Weltraumteleskop beobachtet Geburt und Tod von Sternen

Herschel liefert erste Testaufnahmen mit allen seinen Instrumenten

Herschel löst sich ab © D. Ducros / ESA

Das neue Weltraumteleskop Herschel hat erstmals Testaufnahmen mit allen seinen Instrumenten durchgeführt – mit spektakulären Ergebnissen. Die Bilder zeigen unter anderem die Geburt und den Tod von Sternen. Herschel lieferte aber auch noch zahlreiche weitere wichtige Daten. So entdeckten die Instrumente Wasser und Kohlenstoff in fernen Welten und enthüllten dutzende von entfernten Galaxien.

Am 14. Mai 2009 ist das Herschel-Weltraumteleskop nach zehn Jahren Entwicklungsarbeit erfolgreich ins All gestartet. Nachdem Herschel bereits im Juni 2009 nach nur einen Monat spektakuläre Bilder der berühmten „Whirlpool-Galaxie“ M51 lieferte, gibt es jetzt beispielsweise auch Schnappschüsse von HIFI (Heterodyn-Instrument für das ferne Infrarot), einem hochauflösenden Spektrometer, das auf die Gewinnung detaillierter Informationen aus Spektrallinien – quasi den Fingerabdrücken von Atomen und Molekülen im interstellaren Medium – spezialisiert ist.

Bei seinem ersten Einsatz beobachtete HIFI ein Entstehungsgebiet massereicher Sterne in der Milchstraße mit dem Namen DR21. „Niemals zuvor ist diese Linie des ionisierten Kohlenstoffs mit so hoher Genauigkeit und Winkelauflösung gemessen worden. Das ist äußerst vielversprechend für das wissenschaftliche Programm, das meine Kollegen und ich entwickelt haben um die Sternentstehungsaktivität in solchen Gebieten besser verstehen zu können“, so Volker Ossenkopf von der Universität zu Köln.

Tief verborgen in der Riesen-Molekülwolke DR21 im Sternbild Schwan richten neu entstandene Sterne massiven Schaden an in ihrer kosmischen Kinderstube. Das Falschfarbenbild im Hintergrund (NASA, Spitzer) zeigt die Gesamtverteilung der interstellaren Materie im Licht von warmem Staub, der durch die eingebetteten jungen Sterne aufgeheizt wird. Das Teilbild zeigt die Spektrallinie von ionisiertem Kohlenstoff, wie sie jetzt mit HIFI beobachtet wurde. Diese Linie leistet einen wichtigen Beitrag zur Kühlung des interstellaren Gases. Sie kann vom Boden aus nicht beobachtet werden, weil bei diesen Frequenzen die Erdatmosphäre undurchsichtig ist. Die breite Linie (in rot) an der Position eines neu entstandenen Sterns zeigt die Anwesenheit eines starken stellaren Windes an, der die umgebende Wolke auseinander reißt. Im Gegensatz dazu zeigt die Kontrollposition (in blau) die viel schmälere Emissionslinie vom ungestörten Teil der Wolke. © SRON

Entstehung von Sternen wird erforscht

Ähnlich zufrieden klingt auch der führende HIFI-Forscher auf deutscher Seite, Jürgen Stutzki, ebenfalls von der Universität zu Köln. „Zusätzlich zu den vertrauten Bildern des Himmels in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen geben uns Spektren sehr detaillierte Auskunft über die physikalischen Bedingungen und die chemische Zusammensetzung des interstellaren Mediums, sowie über dessen interne Dynamik. Spektroskopie ist deshalb unverzichtbar um ein vollständiges Bild zu erhalten“, erklärt er die Bedeutung dieser Bilder für die Forschung.

„Wir freuen uns schon darauf, die einzigartigen Fähigkeiten von HIFI und Herschel dafür zu nutzen, die Entstehung von Sternen in anderen Galaxien aber auch in unserer eigenen Milchstraße zu untersuchen“, ergänzt Rolf Güsten vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Und Paul Hartogh vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Lindau fügt hinzu: „Herschel und besonders HIFI werden uns neue Einblicke gewähren in die chemische Zusammensetzung, die Entwicklung, die Dynamik und Struktur der Atmosphären von anderen Planeten und von Kometen in unserem Sonnensystem; von besonderem Interesse ist dabei der Ursprung von Wasser.“

PACS: Erstes Licht im Sternbild Drache

Am 23. Juni kam auch das Instrument PACS (Photodetector Array Camera and Spectrometer) erstmals zum vollen Einsatz. Waren doch die Bilder von der Whirlpool-Galaxie nur mit einem seiner beiden Instrumente, der photometrischen Kamera, entstanden. Jetzt hat auch sein zweites Instrument, der Spektrograph, sein erstes Licht im Sternbild Drache gesehen. Dieser Teil von PACS ist in der Lage, Bilder von Himmelsobjekten im Licht einzelner Spektrallinien aufzunehmen, also in engen, genau definierten Wellenlängenbereichen.

Beide Teilinstrumente ergänzen einander perfekt: das Photometer, das Licht in breiten Wellenlängenbereichen misst, ist zur Beobachtung des kalten Staubs im Universum optimiert, während der Spektrograph die physikalischen Eigenschaften und die chemische Zusammensetzung der gasförmigen Materie untersucht. Das Licht, das dabei von PACS genutzt wird, hat nach Angaben der Wissenschaftler etwa 200-mal längere Wellenlängen als sichtbares Licht.

Das hier gezeigte Bild enthält einen "Schnappschuss" der Stickstoffspektren, mit der darunter montierten photometrischen Aufnahme des Staub-Kontinuums. Eine Nah-Infrarotaufnahme des Spitzer Weltraumobservatoriums veranschaulicht dabei, welchen Teil des Kernbereichs die PACS-Aufnahmen abdecken. Der untere Teil des Bildes zeigt einen Vergleich der unterschiedlichen räumlichen Verteilung der beiden Spektrallinien. Diese spektralen Helligkeitsverteilungen wurden aus einem Mosaik von 9 leicht gegeneinander versetzten "Schnappschüssen" rekonstruiert. Die unterschiedliche Verteilung ist am deutlichsten im zusammengesetzten Zwei-Farben-Bild unten rechts zu erkennen (neutraler Sauerstoff in grün, ionisierter Stickstoff in rot). An der Stelle, an der der Stickstoff am stärksten ist, befindet sich ein Loch in der Sauerstoffverteilung. © ESA & The PACS Consortium

Katzenaugennebel im Visier

Die erste Spektralaufnahme mit PACS galt dem planetarischen Nebel NGC 6543 (mit dem Spitznamen Katzenaugennebel) im Sternbild Drache. Er wurde von Wilhelm Herschel im Jahr 1786 entdeckt. Planetarische Nebel bestehen aus dem leuchtendem Gas und Plasma, das von sonnenähnlichen Sternen gegen Ende ihres Lebens abgestoßen wird.

„Sterbende Sterne geben einen großen Teil ihrer Masse an das interstellare Medium zurück, was zu spektakulären Nebeln führt. Uns interessiert zum Beispiel, wie ursprünglich kugelförmige Sterne Nebel formen können, die eine so komplexe Struktur wie etwa NGC6543 haben“, erklärt einer der Forschungsleiter für PACS, Christoffel Waelkens von der Katholischen Universität Leuven in Belgien. Um das zu verstehen, müssen die Astronomen die Prozesse nahe an der Sternoberfläche untersuchen, wo die Materie abgestoßen wird.

Sternwind gibt Geheimnisse preis

Mit dem PACS-Spektrographen ist es nun möglich, Dichte, Temperatur, Bewegung und Zusammensetzung des Sternwinds mit hoher räumlicher Auflösung zu messen und zu sehen, wie dadurch die dreidimensionale Struktur des Nebels beeinflusst wird. Die Aufnahme mit PACS konzentrierte sich auf zwei Spektrallinien des neutralen Sauerstoffs einerseits und des zweifach ionisierten Stickstoffs andererseits. Zusätzlich wurde im 70-Mikrometer-Filter des PACS-Photometers die ringförmige Verteilung von Staubwolken gemessen.

Das neuartige Instrument PACS verwendet speziell entwickelte, hochempfindliche Detektoren – die empfindlichsten an Bord des Satelliten – und benötigt ausgeklügelte Mechanismen, um die schwachen Signale aus dem All präzise zu vermessen. Oliver Krause vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, verantwortlich unter anderem für die Entwicklung eines dieser Mechanismen und für die Charakterisierung einiger der verwendeten Detektoren, ist daher mehr als zufrieden: „Diese Aufnahmen beweisen, dass die komplizierte Technik die hohen Anforderungen voll erfüllt.“

Testphase des Herschel-Observatoriums beginnt

Der leitende Wissenschaftler des PACS-Konsortiums, Albrecht Poglitsch vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching, Deutschland, verweist darauf, dass diese „Premieren-Aufnahmen“ von PACS zwar von hervorragender Qualität sind, aber noch einer genauen Kalibrierung bedürfen. „Etwa der genauen räumlichen Zuordnung und der Quantifizierung der Linienstärken der einzelnen Spektren“, sagt er. Dies ist das Ziel der bevorstehenden Testphase des Herschel-Observatoriums.

„Aber bereits jetzt“, so Poglitsch, „erfüllen die Spektren alle unsere Erwartungen und zeigen uns, dass unsere großen Hoffnungen gerechtfertigt waren. Der enorme Aufwand, der für die Entwicklung von PACS betrieben werden musste, zahlt sich nun aus, und die wissenschaftlichen Projekte, die wir uns vorgenommen haben, sind nun tatsächlich durchführbar. Wir werden mit PACS noch viel Spaß haben.“

(idw – Universität zu Köln, / Max-Planck-Institute, 13.07.2009 – DLO)

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