Für Ölplattformen und Windkraftanlagen auf hoher See sind sich aufschaukelnde Wellenberge eine große Gefahr. Jetzt aber haben Wissenschaftler ein Radar entwickelt, mit dem es möglich ist, das Verhalten von Meereswellen genauer als bisher zu untersuchen. Diese Technik wird ab jetzt in der Nordsee auf der Forschungsplattform FINO3 genutzt, um die Wechselwirkungen von Offshore-Windkraftanlagen und dem Seegang zu bestimmen.
Die „Dan Tysk“ Sandbank liegt rund 80 Kilometer westlich von Sylt. Hier werden in einigen Jahren bis zu 80 Windkraftanlagen stehen. Hier steht auch die Forschungsplattform FINO3, die den Untersuchungen zur Abschätzung der ökologischen Folgen und technischen Risiken von Offshore-Windenergieparks dient. Neben Beobachtungen des Vogelzuges oder der Messung von Blitz-Häufigkeiten auf dem Meer sind aber auch die Veränderungen des Seegangs von großem Interesse für die Wissenschaft.
Wellenbeobachtung per Doppler-Radar
Um herauszufinden, wie große Wellen und so genannte Brecher auf Windanlagen wirken, und in welchem Ausmaß die Bauwerke selbst den umgebenden Seegang verändern können, installierten die Küstenforscher des GKSS-Forschungszentrums Geesthacht jetzt ein neues Doppler-Radar zirka 50 Meter über Meereshöhe auf dem FINO3-Gittermast. Die Technik des Doppler- Radars wurde von den GKSS-Mitarbeitern gemeinsam mit der Technischen Universität Sankt Petersburg entwickelt.
„Mit unserem Radar können wir jetzt erstmals sogar einzelne Wellen verfolgen“, beschreibt Friedwart Ziemer, GKSS-Abteilungsleiter „Radarhydrographie“, das Besondere des Projektes. Ziemer und sein Team untersuchen seit mehreren Jahren den Seegang und das Verhalten der großen Brecher. Die Informationen werden von FINO3 per Satellit nach Geesthacht übertragen. Erste Probemessungen mit dem neuen Wellenradar von Land aus verliefen bereits erfolgreich.
Mehr Sicherheit für Ölplkattformen und Windkraftanlagen
Besonders die Häufigkeit großer Brecher und die Kraft, die die steilen Wellenberge erzeugen, interessieren nicht nur die Forscher, sondern auch die Konstrukteure und Betreiber von Offshore-Windkraftanlagen oder Ölplattformen. Jeder einzelne Windrotor erzeugt in seiner „Schleppe“ turbulente Luftströmungen und periodische Bewegungen, die andere Bauwerke beeinflussen
können.
Dies kann zu unerwünschten oder sogar gefährlichen Schwingungen führen. Im Falle der Wechselwirkung von Wellen mit den einzelnen Windkraftanlagen führt das zu Interferenzen. Das bedeutet: In einem ohne Windmühlenpark harmlosen Wellenfeld, können durch diese Interferenzen einzelne sehr hohe Wellen erzeugt werden, die eventuell für die Anlagen kritisch werden können. „Ich bin mir sicher, dass wir schon bald den Seegang und die Kraft der Brecher besser einschätzen können“, sagt Friedwart Ziemer. So könnte schon bei der Planung das Brecherverhalten berücksichtigt und die Stabilität der Anlagen besser vorhersagbar werden.
Teil des Nordsee-Beobachtungssystems COSYNA
Die Forschungsplattform FINO3 wird ein wichtiger Bestandteil im neuen vom GKSS initiierten Messnetz
COSYNA sein. Mit dem Großprojekt COSYNA (Coastal Observation System for Northern and Arctic Seas) entsteht im Bereich der deutschen Nordsee ein umfassendes Beobachtungs-System zur Erfassung, Vorhersage und wissenschaftlichen Analyse des aktuellen Zustandes und Entwicklung des Küstenmeeres. FINO3 liefert den Geesthachter Küstenforschern Informationen zum Seegang und Wind. Geplant ist zudem eine Brecherstatistik.
(GKSS-Forschungszentrum Geesthacht, 30.07.2009 – NPO)