Schon vor 72.000, vielleicht sogar 164.000 Jahren, nutzten Steinzeitmenschen das Feuer als Waffe und zur Herstellung besserer Steinwerkzeuge. Das haben in „Science“ veröffentlichte Analysen von Steinzeitrelikten nun enthüllt. Dieser Urspung der Pyrotechnologie liegt damit mehr als 50.000 Jahre früher als bisher angenommen und revolutioniert die Sicht auf diese Ära.
Dass die Steinzeitmenschen schon vor 750.000 Jahren das Element Feuer als Wärmequelle und zur Nahrungszubereitung entdeckten und nutzten, ist seit längerem bekannt. Bisher glaubte man jedoch, dass die Fähigkeit unserer Vorfahren, Feuer auch bei der Herstellung von Steinwerkzeugen und Waffen einzusetzen, dagegen verhältnismäßig jung sei: Diese Form der Pyrotechnologie, die man für eine Erfindung der Steinzeitjäger im ausgehenden Paläolithikum Europas hielt, wurde bisher auf rund 25.000 Jahre datiert.
Fundstücke aus Südafrika analysiert
Ein Forscherteam unter Leitung von Michael Meyer, Marie Curie Fellow am Institut für Geologie und Paläontologie der Universität Innsbruck und seiner Kollegin Zenobia Jacobs von der University of Wollongong in Australien hat nun diese Sichtweise jedoch revolutioniert. Die Wissenschaftler analysierten und datierten in Südafrika gefundene Sedimente mit den darin enthaltenen archäologischen Fundstücken.
„Um komplexe archäologische Sedimentsequenzen wie im vorliegenden Fall Südafrikas präzise datieren zu können, setzen wir die Optisch Stimulierte Lumineszenz (OSL) Methode ein. Dabei messen wir pro Probe das Lumineszenzsignal mehrerer hundert bis tausend einzelner Sedimentkörner, auf deren Basis wir dann das Ablagerungsalter des Sedimentes berechnen können“, erklärt Meyer.
Bessere Werkzeuge durch Feuerbearbeitung
Durch eine Kombination von mehreren Methoden und Analogexperimenten konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass die Steinwerkzeuge einem nuancierten aber starken Erhitzen unterzogen worden waren. Diese pyrotechnische Behandlung des Ausgangsgesteins verbessert dessen Material- und Bearbeitungseigenschaften erheblich. „Nur so kann das Auftreten eines Großteils der hoch entwickelten Steinwerkzeuge, die an der Südküste Südafrikas vorkommen, erklärt werden“, so Meyer.
Vorteil gegenüber den Neandertalern
Die Beherrschung dieser Technologie könnte unseren Vorfahren einen entscheidenden Vorteil verschafft haben – auch in der Konkurrenz mit ihrem heute ausgestorbenen „Vetter“, dem Neandertaler. „Wir sehen, dass unsere direkten Vorfahren bereits sehr früh Meister im Umgang mit Feuer waren – Wissen, das ihnen vermutlich einen erheblichen Vorteil einbrachte, als sie vor circa 50.000 Jahren in die wesentlich kälteren Regionen Eurasiens vordrangen. Hier trafen sie auf die Neandertaler, die zu dieser Zeit in Europa und Teilen Asiens heimisch waren, bald darauf aber ausstarben“, so der Archäologe.
Welche Rolle dabei der aus Afrika stammende moderne Mensch und seine Pyrotechnologie sowie die raschen Klimafluktuationen der herannahenden Eiszeit spielten, ist Fokus der zweiten Phase des Projektes von Meyer. Die genaue zeitliche Stellung und Abfolge von archäologischen und klimatischen Ereignissen ist eine der wichtigsten und spannendsten Herausforderungen in der modernen Geoarchäologie und Klimaforschung.
(Universität Innsbruck, 20.08.2009 – NPO)