Astronomie

Gravitationswellen-Hintergrund anders als erwartet

Erste Ergebnisse von Gravitationswellendetektoren geben Einblicke in die Frühzeit unseres Universums

Computermodell von Gravitationswellen, wie sie Einstein postulierte © NASA/GSFC

Gravitationswellen sind winzige Verzerrungen der Raumzeit, die erst seit kurzem überhaupt von Detektoren registriert werden können. Jetzt haben Wissenschaftler die ersten Messdaten ausgewertet und berichten in „Nature“ über gleich mehrere wichtige Egebnisse. So scheint es keinen zufällig verteilten Gravitationswellen-Hintergrund im Kosmos zu geben, wie es einige Theorien postulierten. Auch in der Frage, ob und welche String-Theorien korrekt sind, geben die Gravitationswellen wertvolle Hinweise.

Die Existenz von Gravitationswellen sagte Albert Einstein bereits 1916 im Rahmen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorher. Ähnlich wie bei der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung nimmt man an, dass der Urknall eine Flut winziger Verzerrungen der Raumzeit verursacht hat, die noch immer das Universum ausfüllt und Informationen über die Zeit unmittelbar nach dem Urknall mit sich trägt. Diese frühen Gravitationswellen treten als eine stochastische – zufällig verteilte – Hintergrundstrahlung auf. Sie ist vergleichbar mit der Überlagerung von verschieden großen und aus unterschiedlichen Richtungen kommenden Wellen, die sich auf der Oberfläche eines Teiches überlagern. Die Amplitude dieses Hintergrundes steht in direktem Zusammenhang mit den Parametern, die das Verhalten des Universums während der ersten Minute nach dem Urknall bestimmt haben.

Riesenarme als Detektoren für „Riesenwellen“

Seit 2002 versuchen Astrophysiker mit Hilfe von Gravitationswellendetektoren, dieser noch rätselhaften Strahlung auf die Spur zu kommen. Ein Forschungsprojekt der internationalen LIGO (Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory) Scientific Collaboration sowie der Virgo Collaboration hat nun wesentliche neue Erkenntnisse zur frühen Entwicklung unseres Universums gebracht. Die Untersuchung basiert auf Daten, die von den drei amerikanischen LIGO-Interferometern aufgenommen wurden: zwei LIGO-Detektoren mit Armlängen von zwei und vier Kilometern stehen in Hanford im Bundesstaat Washington, ein weiterer mit einer Armlänge von vier Kilometern arbeitet in Livingston im Bundesstaat Louisiana.

Jeder Detektor besteht aus einem Lförmigen Laserinterferometer, dessen Laserstrahl in zwei Teilstrahlen aufgespalten wird, die in den Armen des Interferometers hin und her laufen. Läuft eine Gravitatiosnwelle durch den Detektor, wird ein Arm des Interferometers ein wenig gestreckt, während gleichzeitig der andere ein wenig gestaucht wird. Das Interferometer ist so konstruiert, dass es Längenänderungen zwischen den beiden Armen von weniger als einem tausendstel des Durchmessers eines Atomkerns messen kann.

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Kein Hinweis auf stochastischen Gravitationswellen-Hintergrund

Ein Forscherteam, an dem auch Wissenschaftler des Max-Planck- Instituts für Gravitationsphysik in Hannover und Potsdam sowie der Leibniz Universität Hannover beteiligt waren, hat nun die Daten die im Zweijahreszeitraum 2005 bis 2007 aufgezeichnet wurden, ausgewertet. Im Mitelunkt stand dabei die Frage, ob sich einige Modelle zur Entwicklung des frühen Universums, die davon ausgehen, dass ein stochastischer Gravitationswellen-Hintergrund produziert wurde, bestätigen lassen oder nicht.

Das Ergebnis: die Messdaten der Gravitationswellendetektoren geben keinen Hinweis darauf, dass ein solcher stochastischer Gravitationswellen-Hintergrund existiert. Nach Ansicht der Forscher ermöglicht gerade dieses „Nichtmessen“ einen Einblick in die Frühgeschichte des Universums und das Eingrenzen entsprechender Theorien. „Da wir noch keinen stochastischen Hintergrund beobachtet haben, können wir solche Modelle zum frühen Universum ausschließen, die einen relativ starken stochastischen Hintergrund voraussagen,“ erklärt Vuk Mandic von der Universität Minnesota.

Test für String-Theorie-Modelle

Die jüngsten Forschungsergebnisse schränken auch aktuelle Modelle von kosmischen Strings ein. Kosmische Strings sind Objekte, die nach der Theorie aus der Anfangszeit unseres Universums stammen und im Laufe der Expansion des Universums auf eine enorme Größe gestreckt wurden. Nach Ansicht mancher Kosmologen können diese Strings Schleifen bilden, die Gravitationswellen produzieren, wenn sie vibrieren, zerfallen und sich schließlich auflösen.

„Wir wissen jetzt etwas mehr über die Parameter, die das Universum im Alter von weniger als einer Minute beschreiben,“ so Mandic weiter. „Wenn kosmische Strings oder Superstrings existieren, so müssen ihre Eigenschaften mit den Ergebnissen unserer Messungen übereinstimmen. Dies bedeutet, dass Eigenschaften, wie zum Beispiel die Spannung der Strings, stärker eingegrenzt sind als zuvor.“

„Das ist deshalb besonders interessant, da solche Strings auch als ‚fundamentale Strings‘ in vielen Stringtheorien auftauchen“, erklärt der Forscher. „Unsere Messungen bieten also auch die Möglichkeit, Modelle der Stringtheorie zu testen; das ist heutzutage eine sehr seltene Gelegenheit. Für solche maßgeblichen Resultate wurde LIGO entworfen.“

700 Forscher aus zwölf Ländern

„Hunderte von Wissenschaftlern arbeiten intensiv daran, um grundlegende Ergebnisse wie dieses zu erzielen: Die technisch orientierten Wissenschaftler, die unsere Detektoren entwerfen, bauen und betreiben; die Teams, die die Daten für die Suche nach astrophysikalischen Quellen aufbereiten sowie die Daten- Analytiker, die empfindliche mathematische Verfahren entwickeln und anwenden, um die sehr schwachen und flüchtigen Signale in den Datenströmen zu finden“, erklärt Maria Alessandra Papa, leitende Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik und Leiterin der gesamten LSC Datenanalyse ergänzt.

Das LIGO-Projekt wird von der amerikanischen National Science Foundation (NSF) finanziert. Es wurde entwickelt und wird betrieben vom California Institute of Technology (CalTech) und dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) mit dem Ziel, Gravitationswellen direkt zu messen und die Beobachtung von Gravitationswellen als astronomische Methode zu entwickeln. Die Forschung wird von der LIGO Scientific Collaboration LSC durchgeführt, einer Gruppe von rund 700 Wissenschaftlern aus 12 verschiedenen Ländern. Zum Interferometer-Netzwerk der LIGO Scientific Collaboration gehören die US-amerikanischen LIGO-Interferometer und der deutsch-britische Gravitationswellendetektor GEO600. Er ist in der Nähe von Hannover angesiedelt.

Der nächste große Schritt für LIGO ist das Advanced LIGO Projekt, das 2014 in Betrieb gehen soll. Advanced LIGO wird die innerhalb der LIGO Scientific Collaboration entwickelten Hochtechnologien und Konzepte nutzen. Finanziert wird das Advanced LIGO Projekt von der National Science Foundation der USA sowie der deutschen Max-Planck-Gesellschaft und dem britischen Science and Technology Facilities Council (STFC). In Europa ist ebenfalls der Ausbau von GEO600 und Virgo geplant.

(LIGO/Milde Marketing, 21.08.2009 – NPO)

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