Nach wie vor blasen Fabrikschlote und Kraftwerke massenweise Kohlendioxid in die Atmosphäre. Wirklich effektive Methoden zur selektiven Filterung der Abluft sind rar. Jetzt haben Chemiker ein neues poröses Material entwickelt, dass CO2 effizient und hochselektiv binden und speichern kann. Das gitterartige Netzwerk enthält flexible „Säulen“, die die Poren des dreidimensionalen Gitters für CO2 gezielt öffnen.
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Viele poröse Materialien sind in der Lage, CO2 und andere Gasmoleküle aufzunehmen. Doch das CO2 bei Raumtemperatur und Atmosphärendruck aus industriellen Abgasen herauszuholen, ist jedoch nach wie vor eine große technische Herausforderung. Vor allem dann, wenn die Abluft gleichzeitig andere Gase wie Stickstoff, Methan oder Wasser enthält und das CO2 selektiv herausgefiltert werden soll.
Flexible Säulenstruktur als Filter
Koreanische Forscher um Myunghyun Paik Suh und Hye-Sun Choi haben jetzt einen Ansatz entwickelt, der dieses Problem lösen könnte. Basis dafür sind poröse dreidimensionale Netzwerke aus so genannten Koordinationspolymeren. Als Bausteine dienen verschiedene Nickelkomplexe und organische Moleküle. Diese lagern sich zu zweidimensionalen gitterartigen Flächen zusammen, die gestapelt vorliegen und über „Säulen“ verbunden sind. Der besondere Trick dabei: Die Säulen sind nicht starr, sondern sehr flexibel. Dadurch sind die entstehenden Hohlräume der Struktur von variabler Größe und können sich eingelagerten Gastmolekülen anpassen.
Ladungsquadrat als Toröffner
Das symmetrische Molekül Kohlendioxid hat eine besondere Eigenschaft: Es bildet ein so genanntes
permanentes elektrisches Quadrupol – eine Formation, die zwei Rücken an Rücken liegenden elektrischen Dipolen mit entgegengesetzter Richtung gleicht. Dadurch bilden vier Ladungen – zwei negative und zwei positive – die Ecken eines Quadrates. Dieser Quadrupol tritt mit dem dreidimensionalen Gitter in Wechselwirkung und bringt die Säulen dazu, die „Tore“ zu öffnen, so dass das Gas in die Hohlräume eintreten kann.
Selektiv und sehr stabil
Im Gegensatz dazu zeigen Stickstoff, Wasserstoff und Methan ein wesentlich kleineres Quadrupolmoment. Für sie bleiben die Poren verschlossen. Dass der in Luft reichlich vorhandene Stickstoff draußen bleiben muss, ist für einen potenziellen CO2-Fänger essenziell. Zudem sind die neuen nickelhaltigen Materialien auch noch bei Temperaturen von 300 °C stabil und gegenüber Luft und Wasser beständig – auch dies sind wichtige Voraussetzungen für einen eventuellen industriellen Einsatz.
Wird der Umgebungsdruck reduziert, wird das gespeicherte CO2 wieder freigesetzt. Ein solches Material wäre daher für Prozesse geeignet, in denen Kohlendioxid durch einen Druckwechsel zyklisch gespeichert und wieder freigesetzt werden soll.
(Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V., 26.08.2009 – NPO)