Überraschenderweise nutzte der Mensch schon vor rund 34.000 Jahren Flachsfasern für Textilien und zum Verbinden von Gebrauchsgegenständen. Das zeigte sich, als ein Team von Paläontologen und Archäologen die ältesten bisher bekannten Fasern bei Ausgrabungen in einer Höhle in Georgien entdeckte. Wie sie in „Science“ berichten, sind diese damit 6.000 Jahre älter als alle bisher bekannten.
Die ersten Kleider, aus Tierhäuten hergestellt, fertigten unsere Vorfahren schon vor 70.00 Jahren. Irgendwann jedoch wurden diese abgelöst von gewebten und mit Pflanzenfasern zusammengenähten Stoffen. Aber wann? Die ältesten bisher gefundenen Indizien für solche Textilien sind Abdrücke von Fasern in Tonschichten aus Dolni Vestonice, einem tschechischen Ausgrabungsort. Sie sind rund 28.000 Jahre alt. Doch ein Forscherteam von Archäologen und Paläontologen stieß – quasi durch Zufall – jetzt auf noch viel ältere Fasern.
Zufallsfund bei Pollenanalyse
Eigentlich wollten die Forscher um Ofer Bar-Yosef, George Grant MacCurdy und Janet G. B. MacCurdy von der Harvard Universität gemeinsam mit georgischen und israelischen Kollegen nur Pollenproben in der in der Republik Georgien gelegenen Höhle sammeln, um daraus Aufschluss auf die Klima- und Umweltverhältnisse in den letzten Tausenden von Jahren gewinnen zu können. In dieser Höhle waren im Laufe einer Ausgrabung Relikte von frühen Menschen entdeckt worden.
34.000 Jahre alt
Bei der Analyse der Proben jedoch stieß Eliso Kvavadze vom Nationalmuseum Georgiens nicht nur auf Pollen sondern auch auf pflanzliche Faserreste. Die Fasern stammten von wildem Flachs und wurden per Radiokarbonmethode auf ein Alter von 34.000 Jahren datiert. Damit sind sie deutlich älter als die ältesten bisher bekannten. Sie weisen deutlich Bearbeitungsspuren auf, so sind einige verdrillt, was auf eine Nutzung als Schnüre oder Seile hindeutet. Andere waren mit Hilfe von Pflanzenfarben gefärbt.
Erfindung erhöhte Überlebenschancen
Die mit Hilfe solcher Fasern erzeugten Gegenstände trugen dazu bei, die Überlebenschancen der frühen Menschen in dieser eher harschen Bergregion zu erhöhen. Sie konnten die Flachsfasern nutzen, um Tierhäute zusammenzunähen und sich damit durch Kleidung und Schuhe gegen die Kälte zu schützen. Schnüre und Seile dienten vermutlich dazu, Bündel mit dem Lebensnotwendigen zu schnüren und so schnell und effektiv den Standort wechseln zu können. Für die Jäger und Sammler-Gesellschaft der damaligen Zeit waren dies wichtige Vorteile im Kampf ums Überleben.
“Das war eine entscheidende Erfindung der frühen Menschen”, erklärt Bar-Yosef. „Sie konnten diese Fasern für Teile von Kleidung, Seile oder Körbe genutzt haben – für Gegenstände, die vor allem für alltägliche Aktivitäten eingesetzt wurden. Wir wissen, dass dieser wilde Flachs in der Nähe der Höhle wuchs und später intensiv auch von modernen Menschen gebraucht wurde.“
(Harvard University, 14.09.2009 – NPO)