Forscher haben einen vielversprechenden Ansatz für die Früherkennung der Alzheimer-Demenz entwickelt. Das neue Testverfahren weist im Blut spezielle Antikörper nach, die von der körpereigenen Immunabwehr im Kampf gegen ein für Nervenzellen besonders giftiges Eiweiß, das so genannte Pyroglutamat-Abeta Peptid, gebildet werden. Zudem entdeckten sie Korralationen zwischen Gedächtnisleistung und dem Antikörperstatus, wie sie im Fachmagazin „Neurobiology of Aging“ berichten.
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Nur wer wirklich an Alzheimer erkrankt ist, darf mit Medikamenten dagegen behandelt werden. Deshalb sucht die Alzheimer- Forschung schon seit längerem nach einem geeigneten Test, mit dem sich die Krankheit möglichst frühzeitig und eindeutig bestimmen lässt. Jetzt nutzt ein neuer Test Erkenntnisse über ein spezielles Eiweiß, das so genannte „Pyroglutamat-Abeta-Peptid“. Dieses Eiweiß gehört zwar zu der Familie der Abeta-Peptide, wie sie sich im Hirn von Alzheimer-Patienten in den typischen „Amyloid-Plaques“ nachweisen lassen. Doch es handelt sich um ein modifiziertes, also verändertes Abeta-Peptid. Es entsteht in den Nervenzellen durch eine Veränderung des Abeta. Und es unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt: Das Pyroglutamat-Abeta-Peptid wirkt in Zellkulturen sehr giftig.
Pyroglutamat-Abeta schuld am Nervenzell-Tod
Wissenschaftler der Arbeitsgruppe für Molekulare Psychiatrie um Professor Thomas Bayer an der Universitätsmedizin Göttingen und ihre Kooperationspartner von der Firma Probiodrug aus Halle, haben kürzlich bereits nachgewiesen, dass das Pyroglutamat-Abeta-Peptid bei Mäusen Nervenzellen absterben lässt und neurologische Verhaltensdefizite auslöst. „Das Tiermodell bestätigt unsere früheren Studien an zwei anderen Tiermodellen, dass nicht die Amyloid-Plaques, sondern vielmehr die Bildung von Abeta-Peptiden innerhalb der Nervenzelle, ursächlich für den Alzheimer-typischen Zelltod ist“, erklärt Bayer.“Auf diesen Erkenntnissen haben wir unseren neuen Alzheimer-Frühtest aufgebaut. Wir messen im Blutplasma gezielt die Antikörper, die gegen Pyroglutamat-Abeta-Peptid gerichtet sind.“
Weniger Antikörper gegen Peptide
In einer aktuell durchgeführten Studie hat das Team nun die Ideen und Erkenntnisse aus dem Mausmodell mit der Praxis abgeglichen. Sie haben (Blut-)Plasmaproben von Patienten mit Alzheimer Demenz und von Patienten mit leichter kognitiver Beeinträchtigung genommen und mit denen von gesunden Probanden verglichen. In den verschiedenen Plasmaproben wurden die Spiegel von körpereigenen Antikörpern der IgM Klasse (IgM Autoantikörper) gegen Pyroglutamat- Abeta-Peptide gemessen.
Dabei zeigte sich: Alzheimer-Patienten hatten signifikant weniger Antikörper als gesunde Personen. In der Gruppe der Personen mit leichten Gedächtnisstörungen korrelierten die Autoantikörperspiegel mit dem kognitiven Status. Demnach besteht offenbar ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Antikörperspiegels gegen Pyroglutamat-Abeta-Peptide und der Gedächtnisleistung eines Menschen. „Höhere Autoantikörperspiegel korrelieren mit besseren Gedächtnisleistungen“, so Bayer.
Möglicher Ansatz gegen die Demenz?
Die Bedeutung der Befunde ist zurzeit Gegenstand aktueller Untersuchungen. „Es könnte sein, dass höhere Autoantikörperspiegel schützend wirken und das Risiko für das Entstehen einer Alzheimer Demenz vermindern“, erklärt Bayer. Doch ob dies wirklich zutrifft, muss erst weiter untersucht werden.
Die Ergebnisse der Pilotstudie werden zurzeit an einer größeren Stichprobe mit Menschen analysiert. Die Hoffnung der Forscher: Sie möchten gerne helfen, frühzeitig Menschen mit einem erhöhtem Risiko für Alzheimer in einem frühen Stadium mit nur geringen Nervenzell-Schädigungen zu erkennen. Damit sie früher als bisher behandelt werden können.
(Universitätsmedizin Göttingen, 06.10.2009 – NPO)