Materialien, die Strom nahezu ohne Widerstand leiten, so genannte Supraleiter, lassen Ingenieurherzen höher schlagen. Doch noch weiß niemand so genau, warum manche Stoffe unterhalb einer bestimmten Temperatur plötzlich supraleitend werden. Doch jetzt sind deutsche Physiker bei der Erklärung dieses Phänomens einen entscheidenden Schritt weiter gekommen.
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Sie stellen in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Nature Materials“ neue Ergebnisse vor, die einen alten Streit um die richtige Theorie lösen könnten.
Atome sortieren sich um
Sicher ist, dass in der Nähe der Sprungtemperatur – unterhalb derer der elektrische Widerstand kaum noch messbar ist – ein Phasenübergang von „nichtleitend“ zu „leitend“ stattfindet: die Atome im Kristallgitter sortieren sich um; das Material kann neue Eigenschaften erhalten.
Eine der Theorien geht davon aus, dass die Supraleitung als Eigenschaft bereits in den Ausgangsstoffen der Materialien, aus denen Supraleiter hergestellt werden, verankert ist: diese Ausgangsstoffe sind immer Isolatoren, also Stoffe, die den Strom nicht leiten. Diese Fähigkeit erhalten sie erst durch eine Dotierung, also wenn man Fremdatome ins Kristallgitter einbaut.
Forscher bestätigen Theorie
Die zweite Theorie geht davon aus, dass in der Nähe der Sprungtemperatur im Material zwei Phasen gegeneinander „kämpfen“ und dabei Supraleitung entsteht. „Die Richtigkeit dieser Theorie wird durch unsere Ergebnisse bestätigt“, fasst Dimitri Argyriou vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) die Ergebnisse der Studie zusammen.
Mit seinem Team hat er eine Verbindung aus Lanthan-Strontium-Manganat untersucht. Dies ist ein Material, das zwar kein Supraleiter ist, aber ebenso wie diese durch Dotierung eines Isolator-Stoffes hergestellt wird. Lanthan-Strontium-Manganat ist allerdings nur ein schlecht leitendes Metall.
Mithilfe der Neutronenstreuung haben Argyriou und sein Team dieses neuartige Metall näher untersucht und dabei einen Unterschied zu normalen Metallen entdeckt. In realen Metallen wie Kupfer gibt es freibewegliche Elektronen, die für den Stromfluss sorgen, wobei sich die Elektronen nach heutiger Theorie zu einem so genannten Elektronengas zusammenfinden.
Elektronen „vergessen“ nicht
Im Lanthan-Strontium-Manganat – so die Erkenntnis der HZB-Forscher – verhalten sich die freien Elektronen nur für kurze Zeit wie ein Elektronengas. Sie „vergessen“ nicht, dass sie ursprünglich aus einem Isolator stammen und werden plötzlich wieder im Kristallgitter eingeschlossen. Dieser Zustand wechselt hin und her, sodass sie mal frei beweglich (leitend) und dann wieder eingeschlossen (nicht leitend) sind.
„Dieses Verhalten beweist, dass die Isolator-Eigenschaft im Gedächtnis der dotierten Materialien verankert bleibt und die Eigenschaft Supraleitung nicht in dem Grundstoff existiert“, schlussfolgert Argyriou.
(idw – Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie, 21.10.2009 – DLO)