Geowissen

Wie viel Wasser hat das Meer?

Wassermassen schwanken nicht nur im Jahresrhythmus sondern auch wöchentlich

Schwankungen des Meeresspiegels zu messen, ist vergleichsweise einfach. Weitaus komplizierter ist es jedoch, daraus die Änderung der Wassermasse zu berechnen. Einem Team von Geodäten und Ozeanographen ist das nun erstmals gelungen. Die Forscher konnten kurzzeitige Schwankungen in der räumlichen Verteilung der Ozeanwassermassen beobachten. Ihre jetzt im „Journal of Geophysical Research“ erschienenen Ergebnisse sind unter anderem für bessere Klimamodelle wichtig.

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Um das Ozeanvolumen in einer bestimmten Region zu berechnen, muss man neben der Topographie des Meeresbodens lediglich die Höhe des Meeresspiegels kennen. Dazu greifen Forscher schon seit langem auf Pegelstationen und Satellitenverfahren zurück. Die Ozeanmasse hängt aber nicht nur vom Volumen, sondern auch von der Temperatur und vom Salzgehalt ab. So dehnt sich Wasser bei Erwärmung aus. Warmes Wasser wiegt daher weniger als dieselbe Menge kalten Wassers.

Zur Berechnung der Ozeanmasse müsste man daher die Temperatur- und Salzgehalts-Profile kennen. Diese lassen sich aber nicht einfach messen. „Wir haben für unsere Studie daher verschiedene Verfahren kombiniert, um auf Masseänderungen zu schließen“, erklärt Professor Jürgen Kusche. Der Geodät der Universität Bonn führte die Studie gemeinsam Kollegen des Deutschen Geoforschungszentrums GFZ und des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft durch.

Schwerkraft-Satelliten als Werkzeug

Für ihre Untersuchung nutzten die Forscher zum einen Daten der deutsch-amerikanischen Satellitenmission GRACE. Bei dieser werden die Abstände zweier Satelliten – im Volksmund Tom und Jerry genannt, weil sie auf der gleichen Umlaufbahn ständig hintereinander herjagen – auf Tausendstel Millimeter genau vermessen. Je größer die Ozeanmasse an einem bestimmten Punkt der Erde ist, desto stärker ist dort die Gravitationskraft. Das wirkt sich auf die Flughöhe der Satelliten und damit auf ihren Abstand voneinander aus. Über die Abstandsänderung lässt sich die Anziehungskraft und daher die Masse ableiten.

Meeresboden biegt sich unter der Last des Wassers

Außerdem machten sich die Wissenschaftler einen Effekt zu Nutze, den vor allem Vielleser kennen dürften: Ähnlich, wie sich in einem überfüllten Bücherregal die Regalböden wölben, biegt sich der Meeresboden unter der Last der Wassermassen durch. Dadurch sinken stationäre GPS-Messstationen am Land um bis zu einem Zentimeter ab und rücken wenige Millimeters näher aneinander. Je

schwerer das Wasser, desto stärker fällt diese Bewegung aus.

Wöchentliche Schwankungen der Wassermasse

„Wir haben diese Messdaten mit numerischen Modellen des Ozeans kombiniert“, erklärt Kusche. „So konnten wir erstmals nachweisen, dass insbesondere in den höheren Breiten regelmäßig bedeutende Schwankungen der Wassermasse auftreten, und das innerhalb von nur ein bis zwei Wochen.“ Bislang wusste man lediglich, dass die Masse des weltweiten Ozeanwassers jahreszeitlich im Schnitt um etwa drei Billiarden Kilogramm schwankt – das entspricht etwa sieben bis acht Millimetern Meeresspiegelvariation.

Dieser Effekt wird unter anderem durch Variationen in Niederschlag und Verdunstung sowie der Speicherung von Wasser als Schnee hervorgerufen. Aber auch das Abschmelzen der Gletscher und der Eismassen in Grönland und der Antarktis spielen eine Rolle.

Rückschluss auf Wärmemenge

Aus dem Vergleich der Massen- und Volumenänderung wollen die Forscher im Folgenden nun auch auf Veränderungen der im Ozean gespeicherten Wärmemenge schließen. Demnächst sollen daher auch die langzeitlichen Veränderungen untersucht werden. Die Ergebnisse sollen unter anderem in bessere Klimamodelle einfließen. Ein dringender Wunsch der Wissenschaftler ist die Realisierung einer rechtzeitigen Nachfolgemission für das Satellitentandem GRACE. Der Wert der mit GRACE gewonnenen Informationen, der insbesondere in der Erfassung von Trends im Erdsystem liegt, könnte sonst nicht voll für die Erdsystem- und Klimaforschung ausgeschöpft werden.

(Universität Bonn, GFZ Potsdam, 12.11.2009 – NPO)

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