Wissenschaftler aus Hannover sind vor ein paar Tagen zu einer zweimonatigen Expedition in die Antarktis aufgebrochen. Ziel der Reise sind das Transantarktische Gebirge und die Küstengebiete am Rossmeer. Die Forscher wollen dort zusammen mit deutschen und australischen Kollegen neue Erkenntnisse über die geodynamischen Prozesse gewinnen, die zur Entwicklung des heutigen antarktischen Kontinents geführt haben.
„GANOVEX X“, so der Name des Projektes, ist die insgesamt zehnte „German Antarctic North Victoria Land Expedition“. „Von GANOVEX X erhoffen wir uns noch detailliertere Informationen zur geologischen Geschichte der Antarktis. Erkenntnisse, die uns helfen, auch heutige Prozesse, wie die weiterhin andauernden Veränderungen der antarktischen Platte, besser verstehen zu lernen“, erklärt Andreas Läufer, einer der beiden Expeditionsleiter von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).
Entstehung und Zerfall Gondwanas enträtseln
So suchen die Forscher geologische Spuren, mit denen sich die Entstehung und der Zerfall des einstigen Superkontinents Gondwana, zu dem die Antarktis bis vor rund 180 Millionen Jahren gehörte, zurückverfolgen lassen. „Damals begann Gondwana auseinander zu brechen, begleitet durch die Eruption riesiger basaltischer Lavamengen“, erläutert Läufer.
„Afrika, Indien, Australien und schließlich Südamerika lösten sich von Antarktika ab. Das führte nicht nur zu dessen isolierter Position am Südpol, sondern auch zu den heutigen Ozeanströmungen, die um die Antarktis zirkulieren und einen entscheidenden Einfluss auf das globale Klimasystem haben“, so Läufer.
18 Wissenschaftler im Einsatz
Insgesamt 18 Wissenschaftler sowie Techniker und Logistikkräfte sind an der Expedition beteiligt. Bei der Untersuchung der eis- und schneebedeckten Gebiete werden geologische und geophysikalische Arbeitsmethoden kombiniert. Zum Programm gehören Einzelprojekte aus den Bereichen Sedimentologie, Geobiologie, Geochemie, Petrologie und Strukturgeologie sowie aerogeophysikalische Arbeiten und gravimetrische Messungen.
Störungszonen unter dem Eis und uralte Sandsteinfolgen im Visier
Für die aeromagnetischen Messflüge wird ein Expeditionshubschrauber mit einer Messsonde und Geräten zur Datenerfassung eingesetzt. „Um gezielt geologische Feinstrukturen bestimmen zu können, werden wir den Fluglinienabstand diesmal auf 500 Meter reduzieren“, erklärt Detlef Damaske, neben Läufer zweiter Expeditionsleiter der BGR. „Mit Hilfe dieses engmaschigen Messnetzes können wir Gesteinsschichten und Störungszonen unter dem Eis ausmachen“, so der Geophysiker.
Hauptbasis der Expedition ist die Gondwana-Station der BGR. Etwa 300 Kilometer weiter nördlich im Bereich des zentralen Rennick-Gletschers, des zweitgrößten Gletschers der Erde, bearbeiten die Sedimentologen von kleinen Zeltlagern aus etwa 300 bis 200 Millionen Jahre alte Sandsteinfolgen.
Diese entstanden in einer Zeit, als die Antarktis schon einmal in Südpolnähe lag und von einem massiven Eispanzer bedeckt war, der aufgrund einer nachfolgenden globalen Erwärmung wieder vollständig abgeschmolzen ist.
Geophysiker in der Mesa Range tätig
Die Geophysiker operieren hauptsächlich von einem größeren Basislager in der Mesa Range, nur etwa 150 Kilometer nördlich der Gondwana-Station. Daneben werden strukturgeologisch-petrologisch-thermochronologische Arbeiten von der Gondwana-Station und vom Expeditionsschiff „M/V Italica“ aus im Inland und entlang der Rossmeer-Küste durchgeführt. Das Forschungsschiff wurde gemeinsam mit dem italienischen Antarktisprogramm gechartert.
(Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), 22.12.2009 – DLO)