Umwelt

Schwarzer Ruß lässt Tibets Gletscher schmelzen

Ablagerungen aus Industrien Südasiens für 50 Prozent der Eiserwärmung verantwortlich

Rußpartikel in der Atmosphäre © NASA

Schwarzer Ruß, der sich zunehmend auf den Gletschern Tibets ablagert, trägt entscheidend zu ihrem Schrumpfen bei. Das zeigt eine in den „Proceedings of the National Academy of Sciences” veröffentlichte Studie eines amerikanisch-chinesischen Forscherteams. Der dunkle Überzug absorbiert Sonnenlicht und hat bisher die Schneedecke der größten nichtpolaren Eismasse der Erde um das Doppelte des globalen Durchschnitts aufgeheizt.

Rasante Abnahme der tibetischen Eismassen

In den letzten 30 Jahren haben sich die Temperaturen auf dem tibetischen Plateau um 0,3°C pro Dekade erhöht. Das entspricht rund dem Doppelten der durchschnittlichen Temperaturzunahme weltweit. Die Eiskappe des Himalaya und angrenzender Gebirge, manchmal auch als „dritter Pol der Erde“ bezeichnet, ist die größte Eismasse außerhalb der Polargebiete und entsprechend wichtig für das globale Klima und die Wasserversorgung der umliegenden Regionen.

„Fünfzig Prozent der Gletscher schrumpften zwischen 1950 und 1980. Im frühen 21. Jahrhundert hat sich dies zu 95 Prozent erhöht“, erklärt Tandong Yao, Leiter des Instituts für Tibetforschungen der chinesischen Akademie der Wissenschaften. Einige Gletscher ziehen sich so schnell zurück, dass sie bis 2050 verschwunden sein könnten, wenn dieser Trend anhält. Warum sich das Plateau so außergewöhnlich stark erwärmt, hat jetzt ein amerikanisch-chinesisches Forscherteam herausgefunden.

Dunkler Ruß als „Wärmedecke“?

Die Wissenschaftler unter Leitung von Baiqing Xu von der chinesischen Akademie der Wissenschaften entnahmen fünf Eisbohrkerne an verschiedenen Orten auf dem tibetischen Plateau und untersuchten sie. Besonderes Augenmerk legten sie dabei auf den Gehalt von dunklem Kohlenstaub und organischem Kohlenstoff. Denn ihre Hypothese: Schwarzer Ruß aus den Aerosolemissionen der Industrien und dem Verkehr Südasiens und Europas könnte für die ungewöhnliche Erwärmung verantwortlich sein. Der dunkle Belag auf den Eisdecken führt dazu, dass diese das Sonnenlicht nicht mehr reflektieren, sondern absorbieren und sich dadurch erwärmen.

Und tatsächlich: Am Zuoqiupu Gletscher, einem Probenort am Südrand des Plateaus und in Windrichtung des Indischen Subkontinents gelegen, stieg die Ablagerung von schwarzem Ruß zwischen 1990 und 2003 um 30 Prozent. „In den letzten 20 Jahren haben sich die Konzentrationen von schwarzem Ruß um das Zwei- bis Dreifache erhöht in Bezug auf 1975“, erklärt Junji Cao, Koautor der Studie. Die Entwicklung korreliert damit mit der Emission von Kohlenstäuben vor allem in Südasien. Der meiste Ruß der Region entsteht durch Dieselmotoren und Kohlenkraftwerke, auch viele industrielle Prozesse erzeugen Emissionen von schwarzem und organischem Kohlenstaub, allerdings in wechselnden Anteilen.

Beitrag zur Gletscherschmelze liegt bei 50 Prozent

„Schwarzer Ruß ist vermutlich für mindestens die Hälfte der Gletscherschmelze verantwortlich, der Rest geht auf das Konto der Treibhausgase“, erklärt James Hansen, Leiter des Goddard Institute for Space Studies (GISS) der NASA in New York City und ebenfalls Koautor der Studie. Um den Einfluss der Rußablagerungen auf den Gletscher besser einschätzen zu können, wollen die Forscher weitere Messungen durchführen.

„Wir können nicht von dieser Studie erwarten, dass sie den Einfluss des schwarzen Rußes auf die schmelzenden tibetischen Gletscher vollständig aufklärt“, erklärt Cao. „Zusätzliche Forschungen, die die Albedo, die Schmelzraten und andere Werte messen, werden noch gebraucht.“ Dafür wollen die Wissenschaftler unter anderem auf Daten der Fernerkundungssatelliten Terra und Aqua zurückgreifen. Auch der 2010 startende Klimasatellit „Glory“ soll dazu beitragen. Er wird ein Instrument tragen, das erstmals genauer zwischen den verschieden Typen von Aerosolen unterscheiden kann.

(NASA/Goddard Space Flight Center, 22.12.2009 – NPO)

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