Technik

Spiderman-Haftkraft bald für alle?

Neues Haftgerät auf Basis der Wasser-Adhäsion könnte Menschen an Wänden laufen lassen

Spiderman in Aktion © gemeinfrei

Für Spiderman ist das Laufen an senkrechten Wänden kein Problem. Aber wie sieht es mit normalen Menschen aus? Glaubt man amerikanischen Forschern, könnte ein handgroßes Gerät bald auch uns zu solchen Fähigkeiten verhelfen. Wie sie in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) berichten, nutzt es die Oberflächenspannung des Wassers, um Haftung zu erzielen.

Den Anstoß für das Projekt gab ein in Florida heimischer Käfer, Hemisphaerota cyanea, der sich mit einer Kraft, die dem hundertfachen seines Körpergewichts entspricht, an ein Blatt kleben kann. Gleichzeitig aber kann er diese Haftung jederzeit und in Bruchteilen von Sekunden wieder lösen. Sein Geheimnis: Er nutzt die Kraft, die die Oberflächenspannung bei Flüssigkeitstropfen bewirkt. Konkret haftet er mit Hilfe zehntausender winziger Borsten und einer von Drüsen freigesetzten Flüssigkeit, vermutlich einem Öl.

„In unserer Alltagserfahrung sind diese Kräfte relativ schwach“, erklärt Paul Steen, Professor für chemische und biomolekulare Technologien an der Cornell Universität. „Aber wenn man eine Menge davon macht und sie kontrollieren kann, wie es der Käfer tut, dann kann man starke Adhäsionskräfte erhalten.“

Mikrotropfen als Haftorgan

Die Wissenschaftler um Steen und seinen Kollegen Michael Vogel entwickelten nun auf der Basis der Käferhaftung den Prototypen eines Geräts. Es besteht an der Oberseite aus einer flachen Platte, die von zahlreichen Löchern durchbrochen ist, jedes nur wenige Mikrometer groß. Auf der Unterseite befindet sich eine zweite Platte, die in ihrem Inneren ein Flüssigkeitsreservoir enthält. Zwischen beiden liegt eine poröse Schicht. Ein elektrisches Feld, gespeist von einer normalen neun Volt-Batterie pumpt nun Wasser durch das Gerät und drückt dadurch winzige Tropfen durch die Poren an der Oberseite.

Kommen diese Tropfen in Berührung mit einer anderen Oberfläche, beispielsweise einer senkrechten Wand, sorgt die Oberflächenspannung der Tropfen dafür, dass diese angezogen wird. Als Ergebnis haftet das Gerät an der Oberfläche. Steen vergleicht den Effekt mit der Haftung zweier nasser Glasscheiben aneinander. Um die Haftung abzuschalten, wird das elektrische Feld einfach umgekehrt und das Wasser durch die Poren zurückgezogen. Dadurch gehen auch die Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Tropfen und der anhaftenden Oberfläche verloren.

2,5 Zentimeter großes Gerät trägt acht Kilogramm

In ersten Versuchen, die die Forscher mit Prototypen von rund 1.000 Löchern der Größe von jeweils 300 Mikrometern durchführten, reichte die Haftung immerhin für eine Tragkraft von 30 Gramm – mehr als 70 Büroklammern. Als sie das Ganze verkleinerten und mehr Löcher auf engeren Raum packten, wurde die Haftung noch stärker. Ihrer Schätzung nach könnte ein Gerät der Größe von 2,5 Quadratzentimetern mit Millionen von einem Mikrometer kleinen Poren bereits knapp acht Kilogramm halten.

Die größte Herausforderung sei es gewesen, so erklärt Steen, die winzigen Wassertröpfchen vor dem Zusammenfließen zu bewahren. Denn würde sich eine glatte Wasseroberfläche bilden, deren Adhäsionskraft zu schwach sei, um eine Haftung zu erreichen. Das Prinzip funktioniert nur deshalb, weil das Gerät das Bestreben der Tropfen nach Vereinigung quasi auf die anhaftende Oberfläche umlenkt.

Haftschuhe, Post-it-Aufhänger oder Türsprenger

Steen arbeitet nun daran, den Pumpmechanismus so zu perfektionieren, dass noch größere Geräte machbar werden. Zudem könnte zukünftig die Tropfenschicht zusätzlich in einer Membran eingeschlossen werden, um die Nässebildung zu minimieren. Anwendungen sieht der Forscher viele: Ob Schuhe oder Handschuhe, die an Wänden haften oder Post-it-ähnliche Haftblättchen, mit denen Dinge aufgehängt werden können. Doch auch anderes ist denkbar: „Man kann sich vorstellen, ein Kreditkarten-großes Gerät zu entwickeln, das man in einen Felsriss oder eine Tür klemmt und diese dann mit sehr wenig Strom aufbrechen kann“, so Steen.

(Cornell University, 03.02.2010 – NPO)

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