Zum ersten Mal haben Wissenschaftler das vollständige Genom von Menschen zweier Volksstämme entschlüsselt und einander gegenüber gestellt. Stellvertretend für Jäger-und-Sammler wurde jetzt in „Nature“ die komplette Sequenz eines Buschmanns aus der Kalahari veröffentlicht, für Tierzüchter und Bauern die eines Bantu aus Südafrika. Überraschenderweise war die genetische Vielfalt bei den Buschmännern innerhalb ihrer Population nicht nur höher als die der Bantu, sondern auch als die der Europäer und Asiaten.
Das menschliche Genom ist zwar entschlüsselt, noch aber sind viele Fragen offen. Darunter auch, wie sehr sich verschiedene Menschentypen, Völker und Populationen genetisch voneinander unterscheiden. Einen Schritt zur Beantwortung dieser Fragen sind jetzt Forscher der amerikanischen Pennsylvania State Universität gegangen. Sie verglichen das Erbgut von insgesamt fünf in Südafrika heimischen Volksstämmen: den in Südafrika lebenden Bantu, den in der namibischen Kalahari beheimateten Buschmännern (San) sowie von drei weiteren Jäger-Sammler-Kulturen der Kalahari.
DNA von Stammesältesten und Erzbischof Desmond Tutu
Mit Hilfe modernster Technologien der Sequenzierung analysierten Stephan Schuster und seine Kollegen die DNA aus Blutproben ihrer Freiwilligen, darunter vier Stammesälteste der Buschmänner und der bekannte Erzbischof Desmond Tutu, der zu den Bantu gehört. Es zeigte sich, dass das Genom der Buschmänner weitaus variantenreicher ist als das aller anderen Gruppen – auch als das der Europäer oder Asiaten. Vor allem Veränderungen durch den Austausch nur einer oder weniger Basenpaare, die sogenannten Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs), sorgten für größere Unterschiede innerhalb der Buschmannpopulation.
Buschmann-Genom mit der größten Vielfalt
Nach Ansicht der Forscher trägt diese Erkenntnis und die Analyse solcher Genlinien dazu bei, die menschliche Vielfalt besser verstehen zu lernen. So könnten weitere Studien wie diese beispielsweise klären, ob einige der Jäger und Sammler-Kulturen im Süden Afrikas durch kulturelle Einflüsse zur Landwirtschaft übergingen oder ob sie sich durch Vermischung mit einwandernden Bauern änderten.
Die Genkartierung könnte den Bantu, Buschmännern und anderen Stämmen aber auch ganz konkret helfen, wenn es darum geht, medizinisch relevante Variationen in ihrem Genom ausfindig zu machen und möglicherweise eines Tages Therapien gezielt darauf abzustimmen.
(Nature, 18.02.2010 – NPO)