Mit Germanium als Halbleiter könnte man höhere Schaltgeschwindigkeiten und kleinere Bauteile als mit Silizium erreichen – theoretisch. Praktisch jedoch scheiterte der Einsatz bisher, weil die Dotierung Probleme bereitete. Jetzt haben Physiker gleich zwei neue Verfahren entwickelt, um die störende Wanderung von Phosphoratomen im Germanium nach der Dotierung zu unterbinden.
Mit Germanium und einigen andere Halbleitern könnte man höhere Schaltgeschwindigkeiten als mit Silizium erreichen. Germanium ist besonders attraktiv, da es sich gut in existierende technologische Abläufe integrieren ließe. Es war das Grundmaterial der ersten Transistor-Generationen, bevor es Ende der 1960er Jahre von Silizium abgelöst wurde. Der Grund dafür waren die exzellenten elektronischen Eigenschaften der Grenzfläche zwischen dem Halbleiter Silizium und seinem passivierenden und isolierenden Oxid. Dieser Vorteil kann jedoch bei weiterer Verkleinerung der Transistoren im integrierten Schaltkreis nicht mehr genutzt werden, da dann das Oxid durch sogenannte high-k Materialien ersetzt werden muss. Damit stellt sich auch die Frage nach dem Grundmaterial neu.
Ausheilung lässt Atome wandern
Die Verwendung von Germanium statt Silizium als Grundmaterial für elektronische Schalter würde die Herstellung von schnelleren Chips mit einem höheren Integrationsgrad ermöglichen. Jedoch gibt es dabei noch eine Reihe von Problemen zu lösen. Prinzipiell müssen für die Produktion von Transistoren Fremdatome in den Halbleiter implantiert werden, um ihn gezielt leitfähig zu machen. Dadurch wird jedoch das Material geschädigt und es muss mit Hilfe einer Wärmebehandlung, Ausheilung genannt, wieder repariert werden. Erst dann erhölt es die gewünschten elektrischen Eigenschaften.
Während mit diesen Methoden so genannte p-Kanal-Transistoren (PMOS) auf Germanium-Basis bereits mit entsprechend geringen Abmessungen hergestellt werden können, ist das für n-Kanal-Transistoren (NMOS) bisher noch nicht gelungen. Man scheiterte daran, dass Phosphor-Atome sich im Germanium bei der Ausheilung zu stark im Material verteilen.
Ultrakurze Lichtblitze gegen Umverteilung
Physiker vom Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD) haben nun eine spezielle Ausheil-Methode entwickelt, mit der nach der Ionen-Implantation von Phosphor in Germanium die Qualität des Germanium-Kristalls wiederhergestellt wird. Dazu wurde die Germanium-Probe mit einem kurzen Lichtblitz von nur wenigen Millisekunden Länge erhitzt. Dieser Zeitraum ist zu kurz für die sonst bei der Ausheilung beobachtete Diffusion der Phosphor-Atome. Die gefürchtete starke Umverteilung der Phosphor-Atome blieb aus.
Protonen statt Licht geht auch
Eine alternative Methode zur Unterdrückung der Diffusion von Phosphor in Germanium hat zeitgleich weiteres FZD-Team untersucht, dem neben anderen Wissenschaftlern aus Deutschland auf Kollegen aus Dänemark und den USA angehörten. Die Forscher erhitzen die Probe nach der Ionen-Implantation von Phosphor in Germanium und bestrahlten sie dann nicht mit Licht sondern mit Protonen. Es zeigte sich, dass die Protonen-Bestrahlung ebenfalls zu einer Reduktion der Phosphor-Diffusion führte. Die Ergebnisse dieser Experimente werden mit dem Einfluss bestimmter Gitterdefekte erklärt, die jene Leerstellen, welche für die Beweglichkeit der Phosphor-Atome verantwortlich sind, vernichten.
Die Experimente der Rossendorfer Physiker und ihrer Kollegen zeigen, dass es durchaus möglich ist, auf Germanium-Basis n-Kanal-Transistoren (NMOS) herzustellen, deren Abmessungen dem fortgeschrittensten Integrationsgrad entsprechen. Die Ergebnisse wurden in den Fachzeitschriften „Applied Physics Letters“ und „Physical Review Letters“ veröffentlicht.
(Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD), 18.02.2010 – NPO)