In diesem Jahr sollen 3D-Kino und 3D-TV den Durchbruch schaffen – so die Prognosen. Tatsächlich stellen Forscher auf der CeBIT in Hannover Technologien und Standards vor, die diese Entwicklung beschleunigen könnten. Denn noch ist 3D-Technologie vor allem eine Zeit- und Kostenfrage.
Erbittert kämpfen Stürmer und Verteidiger um den Ball. Plötzlich fällt der Angreifer im Strafraum. Strafstoß. Sorgfältig legt sich der Elfmeterschütze den Ball zurecht. Schnitt auf die Torkamera. Wie eine Kanonenkugel schießt das Leder über die Köpfe der Zuschauer hinweg, die sich erschrocken ducken. Nur, dass die Fussballfans nicht im Stadion sitzen, sondern vor dem 3D-Fernseher, weit weg vom Trubel der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika. 2010 soll das Jahr werden, in dem nicht nur Kino sondern auch das Fernsehen den Sprung in die dritte Dimension schaffen.
3D ist (noch) eine Kostenfrage
Blockbuster wie James Camerons „Avatar“, Pixars „Ice Age“ und „Die Dinosaurier sind los“ haben weltweit an den Kinokassen Milliarden schwere Gewinne eingespielt. Nun sollen 3D-Filme auch ins Fernsehen kommen. Die Industrie kündigt bis zum Sommer die ersten serienreifen 3D-Fernseher an. Einige Spiele der Fußball-WM sollen bereits dreidimensional aufgezeichnet werden. Doch bevor 3D-Technik auf Kinoleinwand und Flimmerkiste zur Standardausrüstung gehören wird, gibt es noch
einige Fragen zu klären.
Zum Beispiel, wie sich Aufnahmeverfahren und Nachbearbeitung optimieren und die Kosten dafür reduzieren lassen. Camerons Sciene-Fiction-Abenteuer hat immerhin 250 Millionen US-Dollar verschlungen und vier Jahre Computerbearbeitung erfordert. Wie lassen sich die Werkzeuge für die Postproduktion der Filme verbessern? Und die Gretchenfrage: Mit oder ohne Brille? Um diese Themen zu bearbeiten, haben sich Experten aus Filmindustrie, Hochschule und Forschung im Konsortium „PRIME – Produktions- und Projektionstechniken für Immersive Medien“ zusammengeschlossen. Gemeinsam entwickeln sie Geschäftsmodelle und Techniken für Kino, Fernsehen und Spiele.
Exakte Synchronizität ist Pflicht
3D-Filme stellen höhere Anforderungen als zweidimensionale, da für eine räumliche Darstellung immer zwei Bilder benötigt werden. Aus diesem Grund müssen mindestens zwei Kameras den Film aufnehmen und ein 3D-Bildschirm zwei Bilder zeigen. Ein Bild für das linke und ein Bild für das rechte Auge. Die Stereoskopie hat sich zur Aufnahmetechnik für hochauflösendes Heimkino entwickelt. Dieses Verfahren verlangt von Kamera und Postproduktion höchste Präzision, denn pro Auge muss ein eigener Film produziert werden. Beim Schnitt und in der Nachbearbeitung müssen beide Streams exakt synchron verarbeitet werden. „Die kleinste Verschiebung oder Verkippung der Kameras wird auf der Leinwand sichtbar und kann sogar für Übelkeit sorgen“, erklärt Stephan Gick, Gruppenleiter Digitale Kamerasysteme am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS.
Side-by-Side-Rigs simulieren Augenabstand
Fürs Kino etwa wird eine Szene mit zwei synchronisierten MicroHDTV-Kameras aufgenommen. Das Team um Gick hat dafür die Technologie so weiterenwickelt, dass beide zuverlässig Bilder für das rechte und linke Auge aufzeichnen. Stereo- oder Side-by-Side-Rigs – ein spezieller Kameraaufbau – simulieren den Abstand menschlicher Augen möglichst realistisch. Dass die Kameras bildsynchron aufnehmen, soll das Genlock-Verfahren garantieren. Hierbei „spielt“ die eine Kamera den Master, den digitalen Anführer. Die zweite Kamera nimmt mit den exakt gleichen Einstellungen für Kalibrierung, Farbtreue und Geometrie auf.
Verarbeitung in Echtzeit
Besonders für 3D-Live-Übertragungen muss sich ein Filmteam auf diese Einstellungen verlassen können. Eine Unterstützung für die Aufnahme und Übertragung dreidimensionaler Daten in Echtzeit bietet STAN, der Stereoscopic Analyser, den das Heinrich-Hertz-Institut HHI in Berlin gemeinsam mit der KUK Filmproduktion entwickelt hat. Die Kombination aus Hard- und Software erfasst und analysiert Stereobilder so, dass diese in Echtzeit verarbeitet werden können.
Eine Rückkopplungsschleife gibt die bei der Aufnahme berechneten Werte direkt an die Kamera weiter, so dass sich Fehler oder falsche Einstellungen in Echtzeit ermitteln und korrigieren lassen. Ein besonderes Highlight im PRIME-Projekt ist das 3-D-Panorama, an dem Forscher des HHI arbeiten. Erste Ergebnisse können die Wissenschaftler bereits in einem Showroom in Berlin vorführen.
(Fraunhofer Gesellschaft, 02.03.2010 – DLO)