Nach der letzten Eiszeit gab der Ozean große Mengen Kohlendioxid an die Atmosphäre ab. Diese stammen jedoch nicht – wie bisher vermutet – aus dem Südpolarmeer, wie jetzt Sedimentproben enthüllten. Woher das CO2 stattdessen stammt, das ist nun wieder vollkommen unklar, wie Forscher in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ berichten.
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Das Weltmeer spielt im Kohlenstoffkreislauf eine überragende Rolle. So nimmt es etwa die Hälfte des vom Menschen verursachten Kohlendioxids auf und mildert damit den Treibhauseffekt. In anderen Epochen der Erdgeschichte, zum Beispiel gegen Ende der letzten Eiszeit, hat der Ozean dagegen verstärkt Kohlendioxid an die Atmosphäre abgegeben und damit zur Klimaerwärmung beigetragen. Bislang ging die Wissenschaft davon aus, dass das Kohlendioxid, das in der Schlussphase der letzten Eiszeit aus dem Ozean in die Atmosphäre entwich, mit einer ganz bestimmten Wasserschicht, dem Antarktischen Zwischenwasser, transportiert wurde. In diese Schicht wurde das Treibhausgas am Ende der letzten Eiszeit aus dem darunter liegenden Ozeanstockwerk, dem Antarktischen Tiefenwasser, eingespeist.
Bohrkern aus 1.000 Metern Tiefe
Die Meeresgeologen Professor Dierk Hebbeln und Mahyar Mohtadi vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen haben diese Annahme nun genauer untersucht. Gemeinsam mit US-amerikanischen Kollegen analysierten sie einen Sedimentkern, der aus 1.000 Meter Wassertiefe stammt und vor der Küste Chiles gewonnen wurde. Die Ablagerungen vom Meeresboden enthalten Überreste von Kleinstlebewesen, sogenannte Foraminiferen. Diese nahm das Forscherteam näher unter die Lupe. Die Lokation, an dem der Kern aus dem Meeresboden gestochen wurde, ist von besonderer Bedeutung. Denn hier speist der südliche Ozean Antarktisches Zwischenwasser in den Pazifik ein.
Keine Spur von CO2 aus dem Südozean
Als die Bremer Geologen ihre Proben auswerteten, war die Überraschung perfekt: „Für die Annahme, dass das Kohlendioxid aus dem tiefen südlichen Ozean stammt und von dort in das Antarktische Zwischenwasser gelangte, konnten wir keine Belege finden“, erklärt Hebbeln. Die mikroskopisch kleinen Organismen haben zu ihren Lebzeiten Kohlenstoff aus dem Antarktischen Zwischenwasser aufgenommen und in ihre Kalkschalen eingebaut. Durch geochemische Analysen konnten die MARUM-Forscher feststellen, wie lange dieser Kohlenstoff schon von der Atmosphäre abgeschnitten im Tiefenwasser verweilte.
Der Befund war eindeutig: „Die Foraminiferen müssen nacheiszeitlichen Kohlenstoff aus dem Antarktischen Zwischenwasser aufgenommen haben, so Mohtadi. „Er stammt jedenfalls nicht aus dem eiszeitlichen Reservoir. Dafür ist er nicht alt genug.“ Diese Ergebnisse für das Antarktische Zwischenwasser zeigen, dass der tiefe südliche Ozean nicht die Quelle für den CO2-Anstieg in der Atmosphäre am Ende der letzten Eiszeit gewesen sein kann, wie Wissenschaftler bislang annahmen.
Die Suche geht weiter
„Unsere Daten zeigen, dass ein anderer Mechanismus dafür gesucht werden muss“, sagt Mohtadi. „Welcher dafür infrage kommt, ist indes noch ungewiss. Es könnte sein, dass eine andere Wassermasse im Pazifik für den Austausch mit der Atmosphäre verantwortlich ist“. Um das Rätsel zu lösen, haben sich die MARUM-Wissenschaftler bereits wieder auf die Suche begeben. Derzeit analysieren sie weitere Sedimente aus dem Ostpazifik vor der Küste Chiles. Zudem planen sie, auch Meeresablagerungen aus dem westlichen Pazifik zu untersuchen. So hoffen sie, in enger Kooperation mit Kollegen aus Chile und den USA, das Kohlendioxidrätsel im Pazifik schon bald aufklären zu können.
(MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen, 04.03.2010 – NPO)