Sie können 150 Meter Höhe und mehr erreichen, verlaufen aber unter der Wasseroberfläche: die Unterwasserwellen. Wie diese „unsichtbaren Giganten“ entstehen und sich ausbreiten, hat jetzt ein internationales Forscherteam im südchinesichen Meer untersucht. Demnach spielt die Erdrotation eine entscheidende Rolle dafür, ob sie sich zu den gefährlichen Paketen von Riesenwellen, den „Solitons“ entwickeln oder abgedämpft werden.
Wenn die Gezeitenströme über die unterseeischen Bergrücken der Luzon-Straße zwischen Taiwan und den Philippinen fließen, entstehen Turbulenzen zwischen warmen und kalten Wasserschichten, die sich allmählich zu großen Unterwasserwellen formen. Während diese Wellen westwärts durch das Chinesische Meer wandern, vertiefen sie sich und werden zu Paketen von kurzperiodischen, energiereichen Wellen, die im Abstand von 20 bis 30 Minuten erscheinen. Diese als „Solitons“ bezeichneten Wellenpakete sind sogar aus dem All an der Wasseroberfläche erkennbar.
Akute Gefahr
Die Unterwasserwellen beeinflussen die Meeresumgebung auf vielfältige Weise und können für menschliche Konstruktionen eine akute Gefahr darstellen. Denn sie wirbeln nicht nur Sediment vom Meeresboden auf, sie können auch die Navigation von U-Booten stören und sogar die Verankerungen von Bohrplattformen und anderen Bauwerken gefährden.
„Die Riesenwellen in Südchina haben in den letzen Jahren ziemlich viel Aufmerksamkeit erhalten”, erklärt David Farmer, Ozeanograph an der Universität von Rhode Island. „Aber viel davon bezog sich auf die Wechselwirkung der Wellen mit dem abfallenden Kontinentalschelf Chinas, wo sie sich brechen und intensive Durchmischung erzeugen. Unser Fokus liegt dagegen auf der Art und Weise, wie sie in der Luzon-Straße zwischen Taiwan und den Philippinen entstehen und wie sie sich entwickeln, während sie westwärts über das tiefe Ozeanbecken der südchinesischen See wandern.“
Messung mit „umgekehrten“ Echoloten
Farmer und sein Kollege Qiang Li untersuchten die internen Wellen mit Hilfe von „invertierten Echoloten“: Die am Meeresgrund liegenden Geräte senden akustische Pulse aus und fangen dann das Echo ein, das die an der Meeresoberfläche reflektierten Schallwellen erzeugen. Da sich der Schall schneller in warmem als in kaltem Wasser fortpflanzt, können die Wissenschaftler an Unterschieden im „Echo“ Form und Dicke der einzelnen Temperaturschichten des Meerwassers messen. Die Riesenwellen verraten sich durch Schwingungen der Grenze zwischen warmer und kalter Schicht.
Erdrotation dämpft nur diurnale Wellen
Die neuen Messungen zeigen, dass die Erdrotation einen wichtigen Einfluss auf die Wellen ausübt, während sie das Ozeanbecken des Chinesischen Meeres durchqueren. Offenbar dämpft sie vor allem die Unterwasserwellen, die im 24-Stunden Rhythmus der diurnalen Gezeiten entstehen. Die internen Wellen, die jeweils dazwischen gebildet werden – durch so genannte semi-diurnale Gezeiten – werden dagegen nicht durch die Rotation gedämpft und entwickeln sich daher zu den steilen, energiereichen kurzperiodischen Solitons.
Die Wissenschaftler berichten von ihren Ergebnissen auf dem von der Amerikanischen Geophysikalischen Union veranstalteten Kongress der Meereswissenschaften in Portland, Oregon.
(University of Rhode Island, 09.03.2010 – NPO)