Erst konnten es die Forscher selbst kaum glauben: Licht kann Materie verformen – und das nicht nur auf der Ebene der Atome und Moleküle, wie bisher gedacht, sondern auch bei größeren Strukturen. Durch Zufall entdeckten Wissenschaftler eines internationalen Teams, dass ganz normales Licht gerade Metallstränge von immerhin einigen Mikrometern Länge verdrehen und verkrümmen kann. Wie sie jetzt in „Science“ berichten, könnte dieser Effekt zu neuen Anwendungen im Nanobereich führen, wie beispielsweise einem U-Boot im Nanomaßstab.
Materie kann Lichtstrahlen beugen und verdrehen – das ist nichts Neues. Nach diesem Prinzip funktionieren beispielsweise optische Linsen und 3D-Brillen. Das Glas oder der Kunststoff dieser Objekte lässt entweder nur bestimmte Wellenlängen oder Strahlrichtungen durch oder lenkt sie leicht aus ihrer Bahn. Aber was ist mit dem Gegenteil? Im molekularen Maßstab, auf der Ebene von Atomen, gibt es auch den umgekehrten Effekt: Licht kann Moleküle von wenigen Nanometern beispielsweise leicht verdrehen. Wie stark dieser Effekt aber sein kann und ob er auch für größere Strukturen wirkt, das war bisher nicht bekannt.
Entdeckung durch Zufall
Jetzt sind Wissenschaftler eines internationalen Forscherteams quasi durch Zufall auf einen solchen Fall gestoßen. Eigentlich wollten Nicholas Kotov, Professor für Materialforschung und biomedizinische Technik, und seine Kollegen so genannte superchirale Partikel erzeugen – Nano-Spiralen aus Metallmischungen, die das sichtbare Licht auf Flecken fokussieren, die kleiner sind als dessen Wellenlänge. Materialien mit einem solchen „negativen refraktorischen Index“ könnten theoretisch dazu genutzt werden, das Licht so um sich herum zu lenken, dass das Material wie eine „Tarnkappe“ wirkt: Alles, was darin eingehüllt ist wird unsichtbar.
Diesen Effekt wollten die Forscher erreichen, indem sie Cadmium-Tellurid-Partikel in eine wasserbasierte Lösung gaben, wo sie sich von selbst zu Strängen anordnen sollten. Nach 24 Stunden zeigte die Kontrolle per Mikroskop, dass in der Lösung tatsächlich ein bis vier Mikrometer lange abgeflachte Stränge entstanden waren. Die Lösung wurde weiter im beleuchteten Labor gehalten und nach 72 Stunden erneut überprüft. Der Anblick dabei war überraschend: Denn statt ordentlicher Fäden fanden die Forscher verkrümmte, zusammengeklumpte „Nanospaghetti“.