Mehr als drei Grad bis 2100
Die Simulationen ergaben, dass die jährlichen globalen Emissionen bis zum Jahr 2020 um zehn bis zwanzig Prozent zunehmen werden. Sie erreichen dann Werte, die in ihrer Wirkung 47,9 bis 53,6 Gigatonnen Kohlendioxid entsprechen. Um das Zwei-Grad-Limit einhalten zu können, müssten im Jahr 2020 nicht mehr als 40 bis 44 GtCO2-eq emittiert werden. Damit läge die tatsächlich erreichbare Temperaturzunahme bis zum Jahr 2100 mit einer mehr als fünfzigprozentigen Wahrscheinlichkeit über drei Grad Celsius.
„48 Gigatonnen CO2-Emissionen sind mit dem Zwei-Grad-Ziel nicht vereinbar. Es ist vielmehr so, als rase man auf einen Abgrund zu und hoffe, kurz davor stoppen zu können“, erklärt PIK-Forscher Malte Meinshausen. Der Wissenschaftler hatte kürzlich in „Nature“ über das globale Emissionsbudget berichtet, das noch zur Verfügung steht, um das Zwei-Grad-Limit einzuhalten. „Es ist erstaunlich wie wenig ambitioniert die Selbstverpflichtungen sind“, so der Forscher.
Zielkonform sind nur Japan und Norwegen
Den Ergebnissen nach sind Japan und Norwegen sind die einzigen Industrieländer, deren Selbstverpflichtungen mit dem Zwei-Grad-Limit vereinbar sind. Die USA haben zwar angegeben, ihre Emissionen bis 2020 um 17 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 zu reduzieren, dies entspricht aber nur drei Prozent gegenüber dem Stand von 1990. Insgesamt müssten sämtliche Industrieländer zusammen ihre Emissionen bis 2020 jedoch um 25 bis 40 Prozent verringern.
Das Minimalziel Chinas, seine CO2-Emissionen relativ zum Bruttosozialprodukt um 40 Prozent gegenüber 2005 zu verringern, entspricht ungefähr einer Entwicklung ohne Klimaschutzmaßnahmen. Die Europäische Union hat Reduzierungen von 20 bis 30 Prozent angeboten. Die Emissionen um 20 Prozent zu senken, würde von heute bis 2020 zu geringeren jährlichen Reduzierungen führen, als bereits im Durchschnitt der letzten 30 Jahre erreicht wurden.
Viele Länder haben zudem angekündigt, ihre maximalen Reduktionsziele nur im Rahmen eines globalen Abkommens umsetzen zu wollen, das bislang nicht existiert. Es sei daher wahrscheinlich, dass die angegebenen Minimalziele das wahre Ergebnis der Kopenhagen-Vereinbarung sind, stellen die Autoren fest. „Im schlimmsten Fall werden Zertifikate für mehr Emissionen ausgegeben, als wir bei einer Entwicklung ohne Klimaschutz zu erwarten hätten“, sagt Joeri Rogelj.
Überschüsse bei Emissionszertifikaten bremsen Klimaschutz
In ihrer Analyse berücksichtigten die Forscher auch vorhandene Schlupflöcher, vor allem Überschüsse von Emissionszertifikaten. Wenn ein Land seine Emissionen stärker reduziert als es sich im Rahmen des Kyoto-Protokolls zum Ziel gesetzt hat, kann es die überschüssigen Zertifikate später verwenden.
„Das Kyoto-Protokoll enthält so niedrig angesetzte Ziele einiger Länder, dass zwischen 2008 und 2012 große Überschüsse von Emissionszertifikaten anfallen, sogar ohne jegliche Klimaschutzmaßnahmen“, berichten die Autoren. Sie schätzen die Überschüsse auf insgesamt elf GtCO2-eq. „Weil alles, was profitabel ist, auch ausgenutzt werden dürfte“, nehmen die Autoren an, dass die Länder bis zum Jahr 2020 zunehmend von diesen Überschüssen zehren werden.
Die Analyse entstand in Zusammenarbeit von Forschern des PIK sowie des Unternehmens Ecofys (www.ecofys.de) und der Organisation Climate Analytics (www.climateanalytics.org).
(Potsdam Institute for Climate Impact Research (PIK), 22.04.2010 – NPO)
22. April 2010