Technik

Fahrzeug-Lenken mit einem Blick

Autonomes Fahrzeug reagiert auf Augenbewegungen des Fahrers

An einem Helm angebrachte Kameras erfassen die Augenbewegungen des Fahrers, die in Steuersignale für das Lenkrad umgewandelt werden © Christian Kielmann'/ FU Berlin

Ein mit komplexer Elektronik ausgestattetes Fahrzeug allein mit dem Blick steuern – dass so etwas funktioniert, das haben jetzt KI-Forscher mit einer Vorführung bewiesen. Die Wissenschaftler stellten eine Technologie vor, die die Augenbewegungen des Fahrers auswertet und daraus Lenkbewegungen ableitet.

„Spirit of Berlin“ ist ein autonomes Fahrzeug, dass seit 2007 an der Freien Universität Berlin konzipiert und realisiert wird. Dabei handelt es sich um ein selbstständig fahrendes, führerloses Auto. Um dies zu ermöglichen, wurde ein konventioneller PKW (Dodge Grand Caravan, 2000) zusätzlich mit Sensoren und Computern ausgestattet. Das jetzt neu entwickelte System ermöglicht es, die Augenbewegungen eines Fahrers zu erfassen und in Steuersignale für das Lenkrad umzuwandeln.

Umgerüsteter Fahrradhelm als Sensor

Kernstück der Technik ist ein umgerüsteter Fahrradhelm, der mit zwei Kameras und einer Infrarot-LED ausgestattet ist, sowie einen Laptop-Computer mit spezieller Software. Während eine der beiden Kameras nach vorne ausgerichtet ist und damit die Perspektive des Helmträgers hat, filmt die andere Kamera ein Auge des Trägers. Das Infrarotlicht dient zur Unterstützung der Augenkamera und ist auf das zu beobachtende Auge ausgerichtet. Um einen günstigen Betrachtungswinkel für die Augenkamera zu ermöglichen, ohne die Sicht des Trägers zu beschränken, wird ein transparenter Spiegel verwendet, der lediglich das Infrarotlicht reflektiert.

Position der Pupille ausgewertet

Nach einer kurzen Kalibrierung ist die Software auf dem Laptop des Systems nicht nur in der Lage, die Position der Pupille in der Augenkamera zu erfassen, sondern kann auch berechnen, an welche Stelle in der Szenenkamera der Träger momentan schaut. Diese Koordinaten der Blickposition werden über ein gewöhnliches LAN an den Bordcomputer im Fahrzeug übertragen. Die eyeDriver-Software auf dem Computer an Bord empfängt die Blickpositionen in regelmäßigen Abständen und verwendet sie zur Steuerung des Lenkrades. Dabei kann zwischen zwei Modi gewählt werden: „Freie Fahrt“ und „Wegewahl“.

Direkte Augensteuerung…

Im Modus „Freie Fahrt“ werden die Blickpositionen direkt mit dem Lenkrad-Motor gekoppelt. Das bedeutet, dass die x-Koordinate der Blickposition verwendet wird, um die gewünschte Position des

Lenkrades zu berechnen. Je weiter der Blick des Fahrers also nach links oder rechts wandert, desto weiter dreht sich auch das Lenkrad in die entsprechende Richtung. Die Geschwindigkeit des Fahrzeuges wird vorab eingestellt und konstant gehalten, solange die Position des Blickes erfasst wird. Sollte einmal nicht erkannt werden, wohin der Fahrer blickt, zum Beispiel weil er die Augen schließt, bremst das Fahrzeug zur Sicherheit automatisch ab.

…oder halbautonom

Im Modus „Wegewahl“ dagegen steuert das Fahrzeug die meiste Zeit selbst, fährt also autonom. Lediglich an Weggabelungen, wie beispielsweise Kreuzungen, hält das Fahrzeug an und bittet den Fahrer mittels Sprachausgabe darum, die nächste Route zu bestimmen. Dafür muss der Träger des Helms für drei Sekunden nach links oder rechts blicken. Verweilt sein Blick lange genug in einer Richtung, wird ihm von der eyeDriver-Software akustisch bestätigt, dass die Wahl akzeptiert wurde. Die getroffene Entscheidung wird dem Fahrplaner im Fahrzeug mitgeteilt. Daraufhin kann die künstliche Intelligenz im Fahrzeug die weitere Route entsprechend planen und die Fahrt autonom fortsetzen.

(FU Berlin, 26.04.2010 – NPO)

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