Gewaltige Sturzfluten von flüssigem Ethan und Methan kerben nicht nur Flussbetten in die Xanadu-Ebene des Saturnmonds Titan. Sie hinterlassen offenbar auch rundgeschliffene Wassereisbrocken, die den Flussgeröllen auf der Erde verblüffend ähneln. Ungewöhnlich helle Radarreflexionen, registriert von der Saturnsonde Cassini, brachten die Astronomen der NASA jetzt auf die Fährte dieser „Titan-Kiesel“.
In vielen Regionen der Erde sind Sturzfluten – durch Starkregen ausgelöste plötzliche Hochwasserschübe – nicht Ungewöhnliches. Die rasenden Wassermassen sorgen für Erdrutsche und Überschwemmungen und tragen nicht selten jede Menge Gerölle und Gesteinsbrocken mit sich, die eine zusätzliche Gefahr bilden. Doch diese Phänomen ist kein rein irdisches, wie Astronomen schon seit einigen Jahren vermuten – seit sie den Saturnmond Titan näher untersuchen.
Flüssige Kohlenwasserstoffe statt Wasser
Auf dem Titan scheinen solche Sturzfluten schon seit Äonen in katastrophalem Maßstab abzulaufen. Statt Wasser strömt auf dem Saturnmond allerdings flüssiges Methan und Ethan, und die „Gesteine“ bestehen aus bei minus 180°C gefrorenem Wassereis. Hinweise auf Sturzfluten gab unter anderem die europäische Sonde Huygens, die vor einigen Jahren an ihrer Landestelle nahe dem Äquator des Titan rundgeschliffene Brocken entdeckte, die verblüffend den Steinen in irdischen Bergbächen und Flüssen glichen. Die „Titan-Kiesel“ rangierten in Größen von zwei bis zehn Zentimetern und wiesen ein für solche Schübe charakteristisches Ablagerungsmuster auf.
„Eiskugeln“ erzeugen ungewöhnlich helle Radarreflexion
Jetzt hat das Radarinstrument an Bord der NASA-Sonde Cassini neue Aufnahmen geliefert, die diese Vermutung mit neuen Daten untermauert. Die Bilder zeigen ungewöhnlich hell-leuchtende Rinnen und Strömungssenken in der Xanadu-Ebene des Saturnmonds. Einige dieser bis zu fünf Kilometer breiten Ströme gehören zu den hellsten Signalen, die das Radar jemals auf dem Titan registriert hat. Aus der Art und Weise, wie das Terrain die Radarstrahlen streut schließen die Astronomen, dass die Ströme mit rundlichen, transparenten Objekten angefüllt sein müssen, die zwischen einigen Zentimetern und wenigen Metern groß sind.