Ein Team von knapp 100 Physikern aus aller Welt hat jetzt erstmals bestätigt, dass Neutrinos, bisher kaum erforschte Elementarteilchen, sich bei ihrem Weg durch die Erde von einem Neutrinotyp in einen anderen umwandeln können. Diese Erkenntnis deutet darauf hin, dass das bisherige Standardmodell der Physik, das die fundamentalen Kräfte und Teilchen der Materie beschreibt, unvollständig sein könnte.
„Die Ergebnisse zeigen, dass das Standardmodell verändert werden muss, um die fundamentalen Kräfte der Materie besser zu erklären“, erklärt James Stone, Physikprofessor an der amerikanischen Harvard Universität. „Sie räumen alle anderen Erklärungsversuche von Tisch.“
Stone und seine Mitarbeiter sind Teil der Super-Kamiokande Kollaboration, einem in Japan stattfindenden Projekt, an dem Forscher von mehr als 30 Institutionen weltweit mitarbeiten. Die neue Analyse des Projekts konzentrierte sich auf atmosphärische Neutrinos, die entstehen, wenn hochenergetische kosmische Strahlen mit der oberen Atmosphäre der Erde zusammenstoßen. Neutrinos kommen in zwei „Sorten“ vor: dem Elektronen-Typ und dem Muon-Typ.
Schon 1998 berichtete die Super-K-Forschergruppe erstmals, dass Neutrinos oszillieren. Die Entdeckung stammte aus der Beobachtung, dass die Anzahl der Muon-Neutrinos, die erst nach der Durchquerung der Erde den unterirdischen Detektor erreichten, deutlich geringer war als die Anzahl derjenigen, die den „kurzen“ Weg von oben durch die Atmosphäre in den Boden nahmen. Gleichzeitig zeigten die Daten, dass das Muon-Neutrino sich bei diesem Weg in eine dritte Neutrino-Sorte, das Tau-Neutrino, umwandeln kann, das nicht bei kosmischen Kollisionen entsteht.