Archäologen haben in Armenien einen Schuh entdeckt, der tausend Jahre älter ist als die Pyramiden von Gizeh und 400 Jahre älter als Stonehenge. Der in einer Höhle extrem gut konservierte Lederschuh wurde auf ein Alter von 5.500 Jahren datiert und ist damit die älteste bekannte lederne Fußbekleidung der Welt.
Eine Höhle im Grenzgebiet von Armenien, Iran und der Türkei hat sich als wahre Schatzkammer der Archäologie entpuppt. Die stabilen, kalten und trockenen Bedingungen der in der Provinz Vayotz Dzor gelegenen Kaverne führten dazu, dass Objekte über Jahrtausende hinweg ungewöhnlich gut erhalten bleiben. Der Boden der Höhle war zudem mit einer dicken Schicht aus Schafsdung bedeckt, der Gegenstände darunter schützte und zur guten Erhaltung beitrug. Ausgrabungen eines internationalen Forscherteams unter Leitung des University College Cork entdeckten hier Funde aus der Kupferzeit, der für Europa typischen Periode zwischen der Jungsteinzeit und der frühen Bronzezeit.
Lederschuh extrem gut erhalten
Zu den rund 5.500 Jahre alten Objekten gehörten nicht nur Gefäße mit konservierten Lebensmitteln wie Weizen und Gerste, Aprikosen und anderen essbaren Pflanzen, sondern auch ein Lederschuh in perfektem Erhaltungszustand. „Ich war erstaunt zu sehen, dass selbst die Schnürsenkel erhalten geblieben waren“, erklärt Diana Zardaryan, Forscherin vom armenischen Institut für Archäologie und Entdeckerin der urzeitlichen Fußbekleidung.
„Wir dachten anfänglich, dass der Schuh und andere Objekte nur rund 600 bis 700 Jahre alt waren, weil sie in so gutem Zustand waren“, ergänzt Ron Pinhasi vom University College Cork in Irland, Leiter der Ausgrabung. „Erst als das Material durch zwei Radiokarbonlabors in Oxford und Kalifornien datiert wurde, erkannten wir, dass der Schuh sogar ein paar hundert Jahre älter ist als die von Ötzi dem Eismann getragenen.“
Schuhgröße 37- für Mann oder Frau
Der auf 3.500 Jahre vor Christus datierte Schuh besteht aus einem einzigen Stück Leder, das an die Fußform des Trägers angepasst war. Er war mit Gras ausgestopft. Die Archäologen sind sich allerdings nicht sicher, ob dies der Kälteisolierung diente oder um den Schuh in Form zu halten. „Es ist nicht bekannt, ob der Schuh einem Mann oder einer Frau gehörte“, so Pinhasi. „Er entspricht der heutigen europäischen Größe 37, könnten aber zur damaligen Zeit durchaus auch einem Mann gepasst haben.”
„Noch wissen wir nicht, was der Schuh und die anderen Objekte in der Höhle zu suchen hatten oder für was diese Höhle genutzt worden ist“, erklärt Pinhasi weiter. „Wir wissen aber, dass es Gräber von Kindern im hinteren Teil der Höhle gibt. Aber über diese Periode ist so wenig bekannt, dass wir nicht mit Sicherheit sagen können, warum all diese Objekte zusammen gefunden wurden.“ Das Forscherteam wird jetzt weitere, noch unerschlossene Bereiche der Höhle ausgraben.
Ähnlichkeiten mit später weit verbreitetem Schuhtyp
Interessanterweise gleicht der Urzeit-Schuh in seiner Machart den „Pampooties”, einer Schuhform, die noch bis in die 1950er Jahre auf den irischen Aran Inseln hergestellt und getragen wurden. „Tatsächlich existieren enorme Ähnlichkeiten in Herstellungstechnik und Stil dieser Schuhe mit denen, die in ganz Europa auch in späteren Perioden gefunden wurden. Das deutet darauf hin, dass dieser Schuhtyp Jahrtausende lang über eine große und in ihren Lebensbedingungen sehr verschiedenartige Region getragen worden sind“, so der Forscher. Die Ergebnisse ihrer bisherigen Ausgrabung sind jetzt in der Fachzeitschrift „PloS One“ erschienen.
(University College Cork, 10.06.2010 – NPO)