Medizin

Neuer Angriffspunkt am Influenza-Virus entdeckt

Blockade eines Gefäßwandproteins senkt Virenfreisetzung

Wissenschaftler haben einen neuen Angriffspunkt gefunden, um die Vermehrung von Influenza-Viren während einer Infektion einzudämmen: ein Gefäßwandprotein der Wirtszellen. Wie sie im „Virology Journal“ berichten, senkte ein in seiner Bindungstelle verändertes Protein im Experiment die Freisetzung neuer Viren um die Hälfte.

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Jährlich sterben in Deutschland 10.000 bis 30.000 Menschen an einer Grippe, meist durch Viren des Typs „Influenza A“. Wirksame Medikamente gegen Virusinfektionen zu entwickeln ist jedoch ein schwieriges Unterfangen. Um einer Abwehr durch das Immunsystem oder antiviralen Wirkstoffen zu entgehen, ändert das Virus durch Mutationen ständig seine Oberfläche. Dadurch werden Viren auch schnell resistent gegen ein Arzneimittel. Forscher sind nun auf der Suche nach Wirkstoffen, die Viren an ihren empfindlichen Stellen treffen – den unveränderlichen Bestandteilen. Diese stabilen Bausteine wechselwirken mit der Maschinerie der Wirtszelle und sind für die Bildung neuer Viren wichtig.

Gefäßwand-Protein als Ansatzpunkt

Damit sich ein Virus vermehren kann, muss es sein Erbgut freisetzen und in das der Wirtszelle einbringen. Um das Erbmaterial zu entlassen, ist das Virus allerdings auf die Hilfe von Zellproteinen angewiesen. Einen solchen Gehilfen findet es im sogenannten Caveolin-1. Dieses Protein kommt unter anderem in Gefäßwandzellen des Wirtes vor. Wisssenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung in Braunschweig um Dr. Manfred Wirth identifzierten nun in einer Datensuche am Computer das Influenza-Protein „M2“ als möglichen Interaktionspartner von Caveolin-1.

In einem Experiment erstellten die Wissenschaftler ein in der Bindungsstelle mutiertes Caveolin-1 und brachten das veränderte Protein in Zellen ein, die sie anschließend mit Influenzavirus infizierten. Durch die dadurch verringerte Wechselwirkung zwischen M2 und Caveolin-1 störten sie den Virus dabei, sich zu vermehren.

Virenfreisetzung um die Hälfte gesenkt

Das Ergebnis: Die Freisetzung neuer Viren reduzierte sich um die Hälfte. Ebenso setzten infizierte Zellen, die nur wenig Caveolin-1 produzierten, deutlich weniger Viren frei als unveränderte Zellen. „Indem wir verhinderten, dass M2 und Caveolin-1 interagieren, verringerte sich die Ausbreitung der Viren deutlich. Die körpereigene Abwehr sollte mit der stark reduzierten Virenzahl leichter fertig werden“, sagt Manfred Wirth. Die Vorgänge innerhalb der Wirtszelle seien ein erfolgversprechender Ansatzpunkt für neue Medikamente, da die Gegenstücke im Virus unverändert bleiben.

Hemmstoff-Suche in Naturstoffen

„Bis zu einem neuen Medikament ist es aber noch ein weiter Weg. Als nächstes sollen Naturstoffe und Peptide, die am HZI als Sammlung vorliegen, auf eine mögliche Hemmung der Bindung von M2 und Caveolin-1 geprüft werden“, sagt Manfred Wirth. Solch ein Stoff könne dann bei einer akuten Grippeerkrankung dem Immunsystem helfen, das Virus zu bekämpfen.

(Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, 10.06.2010 – NPO)

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