Ein Rekordwinter wie 2009/2010 könnte in Zukunft vielleicht zur Regel werden. Denn die rapide Erwärmung der Arktis und die Schmelze des arktischen Meereises verändern die großräumigen Wettermuster und bringen Europa, Nordamerika und Ostasien kältere, schneereiche Winter. Nach Ansicht einiger Klimaforscher könnte diese Entwicklung möglicherweise sogar schon irreversibel sein.
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Der Winter 2009/2010 war in vielen Bereichen Europas und Nordamerikas rekordverdächtig: Extreme Minustemperaturen über Wochen hinweg und starke Schneefälle noch bis Ende März sorgten vielerorts für Verkehrschaos und Versorgungsengpässe. Doch möglicherweise könnten solche Winter für unsere Breiten bald keine Ausnahme mehr sein, das zumindest erklärten jetzt Wissenschaftler im Rahmen der International Polar Year Oslo Science Conference (IPY-OSC), die vom 8. bis 12. Juni in Oslo stattfand. Auf ihr tauschten sich mehr als 2.400 Klima- und Polarforscher aus aller Welt über die Forschungsergebnisse des vergangenen Internationalen Polarjahrs aus.
Warme Arktis macht unsere Winter kalt
„Kalte und schneereiche Winter werden die Regel sein, nicht mehr die Ausnahme”, erklärt James Overland vom Pacific Marine Environmental Laboratory der amerikanischen Meeresforschungsbehörde NOAA. „Der extreme Winter 2009/2010 in Europa, Ostasien und dem Osten Nordamerikas hängt zusammen mit einzigartigen physikalischen Prozessen in der Arktis.“ Und diese Prozesse, darunter vor allem der rapide Verlust von arktischem Meereis, werden sich in Zukunft noch verstärken und sind schlimmstenfalls bereits unumkehrbar.
Was aber hat das Meereis im hohen Norden mit unserem Wetter zu tun? Viel, verrät Overland: „Bisher wurde nicht voll in Betracht gezogen, dass eine Kombination von ungewöhnlich warmen Perioden, verursacht durch natürliche Variabilität, aber auch durch den Verlust von Reflektivität durch tauendes Meereis, durch die Wärmespeicherkapazität des Ozeans und Veränderungen der Windmuster, die Stabilität des arktischen Klimasystems stark gestört hat. Das führte zu einem größeren Eisverlust als es die früheren Klimamodelle vorhergesagt haben.“
Großräumige Wettermuster verändert
Durch die Kombination dieser Faktoren erwärmt sich die Arktis zwei Mal schneller als der Rest unseres Planeten. Diese so genannte arktische Verstärkung verändert großräumige Wettermuster und führt so zu kälteren Wintern in einigen Bereichen der gemäßigten Breiten und zu anormal milden Wintern in den Polargebieten. Die Mechanismen und Konsequenzen dieser Entwicklung waren eines der zentralen Themen während der Osloer Konferenz, die die größte ihrer Art darstellte.
Nach Ansicht vieler Forscher ist die Schmelze des arktischen Meereises schon so weit fortgeschritten, dass diese Entwicklung vermutlich nicht mehr rückgängig zu machen ist. „Die Veränderungen sind irreversibel“, erklärt auch Overland, der während der Konferenz eine Session zu Klima-Rückkopplungen leitete.
(IPY-OSC, 14.06.2010 – NPO)