Noch bevor sie sprechen können, verarbeiten Babys Informationen über Zahlen, Raum und Zeit in weitaus komplexerer Weise als bisher angenommen. Experimente belegen, dass die Kleinkinder bereits nach einmaliger Erfahrung generalisierte Annahmen über die „mehr als“- oder „weniger als“-Relationen bei Mengen, Größen und der Dauer von Dingen bilden.
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Noch 1890 beschrieb der Psychologe William James die Weltsicht von Babys als „eine große, blühende und schwirrende Verwirrung“. Doch mehr und mehr zeigt sich heute, dass auch Säuglinge ihre Umwelt weitaus organisierter wahrnehmen als zuvor gedacht. Unklar war bisher jedoch, ob und wie Babys Informationen über Größen, Mengen oder Zeitdauer aufnehmen und miteinander verknüpfen. Während bei Erwachsenen beispielsweise räumliche Position und Mengenbegriff neuronal eng verknüpft sind – wir suchen automatisch die kleinere Anzahl weiter links, eine größere weiter rechts im Raum – war bisher nicht klar, ab wann und wie sich dieses generalisierte Konzept von Verhältnissen entwickelt.
Blickdauer als Maß für Überraschung
Ein Forschungsteam der Emory Universität in Atlanta um Stella Lourenco hat sich gemeinsam mit Kollegen des University College London nun dieser Frage angenommen. Die Wissenschaftler entwickelten ein Experiment, bei dem neun Monate alten Kleinkindern Gruppen von Objekten auf einem Computerbildschirm gezeigt wurden. „Babies starren neue Dinge gerne an und wir können die Zeit, die sie schauen, messen um zu verstehen, wie sie Informationen prozessieren.“ Demnach sollte sich die Blickdauer verlängern, wenn die Kinder mit Unerwartetem konfrontiert werden, dagegen verkürzen, wenn die Abbildung den Erwartungen entsprach.