Technik

Roboter-Luftschiff deckt Waldbrände auf

Neues „fliegende Auge“ führt Löschpanzer zu Brandherden und sucht nach Glutnestern

Der Blimp der FernUniversität startet © FernUniversität Hagen

Ein neues „fliegendes Auge“, das Hagener Forscher entwickelt haben, spürt Waldbrände sicher auf und hilft bei der Bekämpfung der Naturereignisse. Das mit verschiedenen Sensoren bestückte Roboter-Luftschiff kann künftig aber auch nach dem Löschen des Waldbrandes das Gebiet aus der Luft überwachen und aufsteigende Gase oder versteckte Glutnester aufspüren.

Leise surrend wie ein Ventilator erhebt sich das „Auge“ der FernUniversität in Hagen in die Luft. Das neun Meter lange Luftschiff überfliegt mehrfach den Waldbrand und sendet Unmengen an Daten an einen PC der Einsatzleitstelle. Von dort aus wird ein ungewöhnliches Feuerlöschfahrzeug an den Ort des Geschehens herangeführt: Ein feuerroter ehemaliger Panzer bricht sich seinen Weg durch das Unterholz, schiebt mit einem Rammschild herumliegende Baumstämme kurzerhand zur Seite und „feuert“ einen Wasserstrahl aus einer oberschenkeldicken Löschkanone. Bis zu 50 Meter weit.

Zusammen mit einem ferngesteuerten Mini-Helikopter, einer Drohne, sind die beiden Löschpartner Kern eines neuen Waldbrand-Sicherheitssystems. Dieses hat neben der Früherkennung und Bekämpfung solcher Naturereignisse auch die Rettung von Personen und sogar die Brandnachsorge als Aufgabe.

Kunden aus „klassischen“ Waldbrandgebieten

Kunden aus „klassischen“ Waldbrandgebieten wie Griechenland und Frankreich, aber auch aus Australien haben bereits Interesse an dem Sicherheitssystem gezeigt. Professor Michael Gerke von der FernUniversität Hagen sieht die Einsatzmöglichkeiten aber auch sehr viel näher: „Wir können zum Beispiel in unzugänglichen Regionen Brände schnell orten und bekämpfen.“

Wie Recht er hat, wurde bei einer Abschlussdemonstration im nordrhein-westfälischen Hemer deutlich: Noch während der Vorbereitungen brannte in der Stadt an anderer Stelle tatsächlich der Wald – und Teile des Feuerwehr, die die Demonstration unterstützten und absicherten, standen kurz vor dem Abmarsch zum realen Einsatz dort.

Der Löschpanzer des Projektpartners Airmatic wurde von dem Blimp heran geführt und löscht das (Demonstrations-)Feuer © FernUniversität Hagen

Roboter mit Ausdauer

Die Entwicklung eines Roboter-Luftschiffs als Transportmittel verschiedener Sensoren war die spezielle Aufgabe der Forscher und Entwickler der FernUniversität, die extra für die enge Kooperation mit Partnern ein „Forschungszentrum für Systemtechnik“ in Hemer eingerichtet haben.

Bei dem unbemannten Luftschiff handelt es sich um einen so genannten Blimp. Im Gegensatz zu einem Zeppelin hat er kein inneres Gerüst, vielmehr erhält er seine Form durch 25 Kubikmeter unbrennbares Helium in seinem Inneren. „Im Grunde handelt es sich um einem extrem leichten zigarrenförmigen Ballon.“, erklärt Gerke. Vorteile des Blimp im Vergleich zu den spindeldürren Mikrodrohnen sind seine vergleichsweise hohe Nutzlast und die lange Flugdauer von bis zu zwei Stunden – unter günstigen Umständen.

Bestückt wird der Blimp mit verschiedenen Sensoren, die beispielsweise Rauch oder Verbrennungsgas feststellen können. Zudem dient das halb-autonome Luftschiff als Träger für Video- oder Thermo- und Infrarotkameras.

„Je nach angehängter Sensorik ist der Blimp nicht nur unser ‚fliegendes Auge’, sondern auch eine ‚fliegende Nase’ mit Rauch- oder Gassensor oder ein ‚fliegender elektronischer Finger’ mit Radiometer“, so Gerke. Wichtig ist auch seine Funktion als Relaisstation für die Funkkommunikation von Einsatzleitstelle und Brandbekämpfern vor Ort.

Fliegende Brandwache per Mobilfunk lenkbar

Gesteuert wird der Blimp bei Start und Landung über eine drahtlose Internet-Verbindung (WLAN), ansonsten über Funk. Sogar über Mobilfunknetze können die Forscher das Mini-Luftschiff lenken. Sein Kurs wird durch das Anklicken von Punkten auf einem berührungsempfindlichen Monitor festgelegt – und schon fährt der Blimp diese Punkte in einer logischen Reihenfolge automatisch ab. Dank GPS-Ortung erfolgt die Lokalisierung mit maximal einem Meter Abweichung.

Der Blimp, vor allem aber die schnelleren und wendigeren Mikrodrohnen überprüfen zunächst, ob es tatsächlich brennt und erkunden Zufahrtswege. Diese Daten dienen dazu, den Feuerlöschpanzer oder andere Einsatzfahrzeuge und -kräfte schnellstmöglich zum Feuer zu führen. Oder zu Menschen, die gerettet werden müssen.

Leistungsfähiger Blimp

Ist der Waldbrand gelöscht, hält der Blimp noch längere Zeit „Brandwache“, auch wenn die Einsatzkräfte schon wieder abgerückt sind. Gerke sieht hier das Haupteinsatzgebiet des Luftschiffs: Es kann „mit geringstem Personalaufwand und höchst effizient längere Zeit über dem gefährdeten Gebiet schweben und nach aufsteigenden Gasen ‚schnuppern’ oder Wärmenester aufspüren, sogar durch Dickicht und Baumkronen hindurch“.

(idw – FernUniversität Hagen, 13.07.2010 – DLO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Schriftzeichen

Ältestes Alphabet der Welt entdeckt?

Erstes Porträt eines extragalaktischen Sterns

Baby-Säbelzahnkatze im Permafrost entdeckt

Auch erwachsene Schimpansen spielen noch miteinander

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Roboterfische - Autonome Unterwasserfahrzeuge nach dem Vorbild der Natur

Bücher zum Thema

Katastrophen - Eine Kulturgeschichte vom 16. bis ins 21. Jahrhundert von Francois Walter

Im Zentrum der Katastrophe - Was es wirklich bedeutet, vor Ort zu helfen von Richard Munz

Roboter - Geschichte - Technik - Entwicklung von Daniel Ichbiah

Naturkatastrophen - Wirbelstürme, Beben, Vulkanausbrüche von Karsten Schwanke, Nadja Podbregar, Dieter Lohmann und Harald Frater

Maschinen mit Bewusstsein - Wohin führt die künstliche Intelligenz? von Bernd Vowinkel

Projekt Zukunft - Die Megatrends in Wissenschaft und Technik von Hans-Jürgen Warnecke

Roboter - Unsere nächsten Verwandten von Gero von Randow

Top-Clicks der Woche