Astronomie

Titan: Gebirgsbildung durch Schrumpfung?

Gebirgsketten auf dem Saturnmond könnten durch Zusammenziehen der Eiskruste entstanden sein

Saturnmond Titan © NASA/ JPL- Caltech

Auf dem Saturnmond Titan gibt es Gebirgszüge, die bis zu zwei Kilometer hoch sind. Wie sie entstanden, war bisher allerdings unklar. Ein neues Modell deutet jetzt daraufhin, dass möglicherweise ein allmähliches Schrumpfen und Zusammenziehen des Mondes die Faltungen und Berge bildete – ähnlich wie die Runzeln in einer trocknenden Rosine. Dieser jetzt im „Journal of Geophysical Research” postulierte Mechanismus setzt allerdings die Existenz eines flüssigen Ozeans unter der Eiskruste voraus.

Schon im Jahr 2005 enthüllten Radaraufnahmen der Cassini-Sonde, dass die höchsten Berggipfel auf dem Saturnmond Titan rund 2.000 Meter in die Höhe ragen. Die meisten Gebirgsketten ziehen sich in Äquatornähe in Ost-West-Richtung entlang – für Planetenforscher ein möglicher Hinweis auf einen gemeinsamen Ursprung dieser Ketten. Aber was die Gebirge schuf, war bisher unklar. Denn während bei anderen Eismonden des äußeren Sonnensystems eine Ausdehnung der Eiskruste oder andere geologische Prozesse als formende Prozesse nachgewiesen werden konnten, fehlte auf dem Titan davon bisher jede Spur.

Jetzt hat das Wissenschaftlerteam der Saturnsonde Cassini auf der Basis von Daten der Sonde ein neues Computermodell entwickelt, mit dem sie mögliche tektonische Prozesse des Saturnmonds erforschen können. Ausgehend von den bekannten geologischen und physikalischen Voraussetzungen auf dem Titan veränderten die Forscher ihr Modell so lange, bis es ihnen gelang, Gebirgsketten ähnlich der bestehenden wachsen zu lassen.

Innere Struktur des Titan mit Ozean © NASA

Eiskruste über flüssigem Ozean

Es zeigte sich, dass solche Gebirgsformationen höchstwahrscheinlich durch ein Schrumpfen und Zusammenziehen der Eiskruste des Mondes gebildet worden sein könnten. Der Antrieb für eine solche Schrumpfung liegt dabei einer ganz spezifischen Schichtung des Titaninneren. Die Wissenschaftler gingen in ihrem Modell davon aus, dass der innere Kern des Mondes von einer sehr dichten Schicht aus hochdichtem Wassereis umgeben ist. Darauf folgt eine flüssige Schicht aus einem Wasser-Ammonium-Gemisch, bedeckt von der äußeren Wassereiskruste.

Indizien für einen flüssigen Ozean unter der rund 80 Kilometer dicken Eiskruste des Saturnmonds hatten schon frühere Radarmessungen der Cassini-Sonde geliefert. Die Beimischung von Ammoniak und Gezeitenkräfte durch die wechselnde Schwerkrafteinwirkung des Saturn könnten dafür sorgen, dass diese Schicht flüssig bleibt.

In dem nun postulierten Modell ist jede dieser Schichten kälter und etwas weniger dicht als die jeweils unter ihr liegende, die äußere Eiskruste hat nur noch eine Temperatur von 94 Kelvin, das entspricht minus 179 Grad Celsius. Weil der Saturnmond sich seit seiner Entstehung vor rund vier Milliarden Jahren allmählich abkühlt, ziehen sich alle Schichten leicht zusammen. Dadurch schrumpft letztlich der gesamte Mond ganz leicht – die Wissenschaftler schätzen, dass der Titan seit seiner Bildung rund sieben Kilometer in seinem Radius und rund ein Prozent an Volumen verloren hat.

Radarmosaik und Höhenmessung der Gebirgsketten der äquatorialen Adiri-Region auf dem Titan. In diesem Ausschnitt leigen die Höhenunteschiede bei rund 600 Metern. © NASA/JPL - Caltech

Gebirgsbildung durch Kompression der Kruste

Dieses Schrumpfen komprimiert die äußere Eiskruste und lässt Verwerfungen entstehen, die unter anderem die Gebirgszüge wie Schrumpfungsnähte aus der Landschaft heraushoben. Ein ähnlicher Mechanismus – das Schrumpfen und Einbrechen eines – allerdings begrenzten – Bereichs der festen Gesteinskruste der Erde – ist auf unserem Planeten für das Entstehen des Zagros-Gebirges im Iran verantwortlich.

„Titan ist unseres Wissens nach der einzige eisige Himmelskörper im Sonnensystem, der sich so verhält“, erklärt Giuseppe Mitri, Wissenschaftler im Radarteam von Cassini am California Institute of Technology in Pasadena. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die geologische Geschichte des Titan von der seiner Vettern, der Jupitermonde, unterscheidet – vielleicht aufgrund eines inneren Ozeans aus Wasser und Ammoniak“, ergänzt sein Kollege Jonathan Lunine von der Universität Rom.

(NASA/JPL, 17.08.2010 – NPO)

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