Beim Verstärken eines Lichtsignals entsteht normalerweise immer auch ein so genanntes Quantenrauschen – ein Anteil von Photonen, die als Störsignal wirken können. Doch jetzt haben Physiker optische Signale ganz ohne Rauschen verstärkt und deren Phase dabei sogar präzisiert. Wie sie in „Nature Physics” berichten, gelang ihnen dies mit Hilfe eines „Tricks“, bei dem sie erst verrauschtes Licht hinzufügten und dann gezielt einige Photonen wieder entfernten.
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Für Techniker ist es ein unumgehbares Gesetz: Beim Verstärken eines Lichtsignals entsteht Rauschen. Ein gewisser Teil dieses Rauschens stammt nicht von unvollkommener Verstärkertechnik, sondern liegt in der quantenphysikalischen Natur der Lichtteilchen begründet, aus denen die Lichtsignale bestehen. Dieses Quantenrauschen resultiert aus der Heisenbergschen Unschärferelation, nach der Ort und Impuls eines Teilchens sich nicht gleichzeitig exakt bestimmen lassen. Auch bei den Photonen einer Lichtwelle lassen sich daher Amplitude und Phase sich nicht gleichzeitig exakt bestimmen. Verstärkt man ein optisches Signal, erhöht man daher auch dessen Unbestimmtheit.
Dieses Quantenrauschen spielt im Alltagsleben meist keine Rolle, weil es nur bei der Verstärkung äußerst schwacher Signale ins Gewicht fällt. In Forschungslabors und im transatlantischen Glasfasernetz hingegen werden Signalstärken genutzt, die so klein sind, dass selbst das schwache Rauschen schon stört. Doch zumindest für Anwendungen in der Forschung könnte sich das bald ändern. Eine Kollaboration um Gerd Leuchs und Christoph Marquardt vom Erlanger Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts und der Universität Erlangen-Nürnberg, zusammen Kollegen der Technischen Universität Dänemark und der Palacky Universität Olomouc hat eine verblüffende Entdeckung gemacht.
Optische Signale ganz ohne Rauschen
Die Physiker haben bewiesen, dass sich optische Signale ganz ohne Rauschen verstärken lassen. Mehr noch: Sie zeigten, dass die Phase des Lichtes nach der Verstärkung sogar weniger unbestimmt war als vorher. Die Phase des Lichtes dient bei manchen Anwendungen als wichtiger Informationsträger, etwa bei Interferometern, die unter anderem kleinste Längenunterschiede messen. Dieser experimentelle Erfolg gelang etwa zeitgleich mit ähnlichen Arbeiten einer australischen, einer italienischen und einer französischen Gruppe. „Das neue Konzept der deutsch-tschechisch-dänischen Kollaboration zeichnet sich durch besondere Einfachheit und daher gute Implementierbarkeit aus“, sagt Gerd Leuchs, Leitender Direktor des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts und Professor für Optik der Universität Erlangen-Nürnberg.
Verrauschtes Licht und Photonenklau
Die Erlanger Forscher haben in ihrem Experiment zunächst äußerst schwache Laserpulse erzeugt. Paradoxerweise gelang den Forschern deren rauschfreie Verstärkung, indem sie dem unverstärkten Laserpuls zunächst stark verrauschtes Licht hinzufügten, ihm also absichtlich ein Rauschen aufzwangen. Dadurch steigt zwar die Intensität des Lichtes. Aber es wächst auch die Unbestimmtheit der Phase des Signals. Darauf folgt der eigentliche Trick: Durch eine relativ einfache Technik entfernen die Erlanger Forscher aus dem verrauschten Puls eine bestimmte Anzahl von Photonen.
Quantenphysikalisch betrachtet entspricht eine feste Anzahl von Photonen einem Zustand des Lichtes, bei dem die Phase völlig unbestimmt ist, also jeden beliebigen Wert annehmen kann. Das Herausnehmen eines solchen Zustands verändert das Lichtsignal: Seine Phase gewinnt deutlich an Bestimmtheit. Vereinfacht ausgedrückt bleiben nach dem Entfernen von Photonen mit beliebiger Phase Lichtteilchen mit relativ genau festgelegter Phase übrig.
Weil die herausgenommenen Photonen zudem eine relativ geringe Amplitude aufweisen, bleiben nach ihrem Entfernen nur die Photonen mit hoher Amplitude übrig. Die Lichtwelle hat somit eine höhere Amplitude als vor dem Hinzufügen des Rauschens. Je höher die Amplitude der Lichtwelle, desto größer ist ihre Intensität. Die durch das Hinzufügen des Rauschens gewonnene Intensität bleibt also erhalten. Das Signal wird verstärkt. Die Forscher stellten durch eine Messreihe fest, dass die Phase umso genauer festgelegt und die Amplitude umso größer wird, je mehr Photonen herausgenommen werden. Maximal entfernten die Physiker vier Photonen, wodurch eine Verdopplung der Amplitude gelang.
Nicht für Übertragung per Glasfaselkabel
Die Medaille hat allerdings auch eine Kehrseite. Nicht aus jedem Lichtpuls lässt sich eine vorgegebene Anzahl von Photonen entfernen. Daher gelingt die Verstärkung nur für einen Teil der Lichtpulse, die vom Laser erzeugt werden. Der Anteil der Pulse, die nicht verstärkt werden können, steigt mit der Anzahl der entnommenen Photonen, also umso stärker, je stärker die Unbestimmtheit der Phase vermindert werden kann. „Daher lässt sich die Technik nicht für die Informationsübertragung durch Glasfaserkabel nutzen“, sagt Christoffer Wittmann, der an den Experimenten mitwirkte. Denn Information wird, ähnlich wie beim Morsecode, durch eine Folge von Lichtpulsen übermittelt. Wenn ein Teil davon fehlt, geht unweigerlich Information verloren.
Welche Pulse verstärkt werden können und welche nicht, ist rein vom Zufall gesteuert und somit nicht vorherseh- oder steuerbar. Auf diese Weise kommt das Rauschen gewissermaßen durch die Hintertür wieder ins System. „Wenn man die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Puls nicht verstärkt werden kann, in den Formeln für die Unbestimmtheit berücksichtigt, zeigt sich, dass wir die Heisenbergsche Unschärferelation nicht verletzt haben“, sagt Christian Müller, der das Experiment mit aufgebaut hat. Diese fundamentale Formel könne nur probabilistisch umgangen werden. Die Zufallsnatur der Quantenphysik bleibt somit erhalten.
Hilfe bei der Suche nach Gravitationswellen
Dennoch sieht Christoph Marquardt Anwendungen der von den Erlanger Physikern entwickelten Technik. Überall, wo es nicht nötig sei, alle ankommenden Signale zu verstärken, könne die Technik von Nutzen sein. „Sie könnte bei der Detektion von sehr schwachen Signalen helfen, die ab und zu auftreten und normalerweise im Rauschen untergehen, daher also nicht nachweisbar sind“, sagt der Forscher. Als Beispiel nennt er die Detektion von Gravitationswellen. Diese entstehen in den Tiefen des Alls, beispielsweise bei Supernova-Explosionen und durchdringen auf ihrem Weg durchs All auch die Erde.
Da sie den Raum ein wenig dehnen und stauchen, machen sie sich laut Theorie durch winzigste Längenänderungen bemerkbar. Um diese nachzuweisen, suchen Forscher nach äußerst schwachen Signalen in eigens dafür konzipierten Laserinterferometern. „Hier wäre man froh, wenn man überhaupt einmal ein Signal detektieren könnte“, sagt Marquardt. „Solch eine Suche nach schwachen Signalen findet man auch in anderen Systemen, bei denen der neue Verstärker eingesetzt werden kann.“
(Universität Erlangen-Nürnberg, 17.08.2010 – NPO)