Im Regenwald Südostasiens haben Wissenschaftler eine neue Gibbonart entdeckt, von der vermutlich nur noch rund 20 Tiere existieren. Identifiziert wurde der extrem seltene Nördliche Gelbwangen-Schopfgibbon anhand seiner Laute, sowie durch Genmaterial, dass die Forscher aus Kotproben isolierten. Die in den Wipfeln der tropischen Bäume lebenden Schopfgibbons zu den am stärksten bedrohten Affenarten der Welt, Erkenntnisse über ihre Lebensweise und Verwandtschaftsbeziehungen sind für ihren Schutz daher von großer Bedeutung.
Ungewöhnliche Gesänge tönen frühmorgens durch den tropischen Urwald. Doktorand Van Ngoc Thinh vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ) in Göttingen ist in einer unwirtlichen Berglandschaft zwischen Vietnam, Laos und Kambodscha unterwegs, um die Rufe der Schopfgibbons aufzuzeichnen. Die hoch oben in den Baumwipfeln lebenden Tiere sind noch weitgehend unerforscht, die Wissenschaftler vermuten aber, dass die Gesänge der Territorialverteidigung dienen und einen Vorläufer der menschlichen Musik darstellen. Van Ngoc Thinh interessiert sich jedoch weniger für die Paarbildung, als vielmehr für die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Schopfgibbons. Mit Hilfe der Tonfrequenz und -geschwindigkeit kann er verschiedene Arten und sogar einzelne Individuen unterscheiden.
Männchen mit „Punk“-Frisur, Weibchen mit hellem Fell
Gibbons gehören ebenso wie Orang-Utan, Gorilla, Schimpanse, Bonobo und Mensch zu den Menschenaffen. Aufgrund ihrer geringeren Größe nennt man sie auch die Kleinen Menschenaffen. Man unterscheidet vier Gattungen von Gibbons, von denen die Schopfgibbons mit ihrer charakteristischen „Punkerfrisur“ am auffälligsten sind. Männliche und weibliche Tiere unterscheiden sich sehr deutlich in ihrem Aussehen. Während die Weibchen ein orange-gelbes Fell besitzen, sind ausgewachsene Männchen schwarz und besitzen den charakteristischen Schopf. Einige Arten haben zudem helle Wangen. Allen gemeinsam sind ihre langen Arme und ihre Fähigkeit, sich mit größter Präzision und weiten Schwüngen durch die Baumwipfel zu hangeln.
Schopfgibbons kommen ausschließlich in Vietnam, Laos, Kambodscha und Südchina vor. Bislang ging man von sechs verschiedenen Arten aus, deren Verbreitungsgebiete durch Flüsse getrennt werden. Dem deutsch- amerikanisch-vietnamesischen Wissenschaftlerteam um Christian Roos ist es jetzt jedoch gelungen, eine siebente Art zu beschreiben.