Medizin

Fitmacher macht fett

"Muskel-Wundermittel" PGC-1alpha erhöht bei Bewegungsmangel das Krankheitsrisiko

Ohne Bewegung gehet es nicht © SXC

Das Protein PGC-1alpha galt als Wundermittel: Es stärkt den Muskelaufbau auch ohne verstärktes Training. Doch jetzt haben Forscher einen entscheidenden Haken an der Sache entdeckt: Wird der „Fitmacher“ bei körperlicher Inaktivität verabreicht, steigt sogar das Risiko, an Übergewicht oder an einer Stoffwechselkrankheit wie Diabetes zu erkranken. Das belegt eine Studie an Mäusen in der Fachzeitschrift „Journal of Biological Chemistry“.

Wer wünscht sich das nicht: Kein Sport, einfach eine Pille schlucken, fit werden und dabei essen können ohne zuzunehmen. Doch so ganz wird das wohl vorerst nicht klappen. Zwar sahen die ersten Ergebnisse einer Forschergruppe um Christoph Handschin von der Universität Basel zunächst für Bewegungsmuffel durchaus vielversprechend aus: Die Wissenschaftler hatten in Versuchen mit Mäusen herausgefunden, dass das Protein PGC-1alpha in der Ausdauerleistung des Muskels eine zentrale Rolle spielt. Mäuse, die mehr davon produzieren, konnten länger rennen, ohne dass sie dafür speziell trainiert werden mussten. Die erhöhte Produktion des Proteins regte die Muskelfasern an, als ob sie unter sportlicher Aktivität stünden.

Übertragen auf den Menschen wäre das Ergebnis für Patienten mit Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes, einem zu hohen Cholesterinwert oder Muskelkrankheiten interessant. Detaillierte Kenntnisse der molekularen Vorgänge rund um das Protein PGC-1alpha könnten längerfristig dazu genutzt werden, bei Patienten mit Muskelkrankheiten oder altersbedingtem Muskelschwund gezielt Muskelfunktion und -ausdauer zu verbessern.

Fett statt fit durch PGC-1alpha

Nun aber zeigen neuste Untersuchungen von Handschin, wohin ein erhöhter PGC-1alpha -Wert führt, wenn die durch PGC-1alpha fit gemachten Mäuse aufhören, sich zu bewegen und wieder normal, also fettreicher, ernährt werden. In diesem Fall ist das Protein nämlich kontraproduktiv. Eine erhöhte Menge im Körper führt vielmehr dazu, dass die Mäuse sogar mehr Fett im Organismus einlagern als ihre untrainierten Artgenossen.

Grund dafür sind die Muskelzellen, die selbst Fette, sogenannte Lipide, herstellen und speichern. Bei dieser Lipidherstellung, der sogenannten Lipogenese, übernimmt PGC-1alpha eine zentrale Rolle, wie Handschin nachgewiesen hat. Mäuse mit viel PGC-1alpha haben gegenüber untrainierten Mäusen im Muskel eine erhöhte Lipidproduktion. Lipide dienen als wichtigster Energielieferant bei den Muskelbewegungen im Ausdauertraining. Ernähren sich Mäuse (oder auch Menschen) fettreich, ohne das Fett durch Bewegung zu verbrennen, wird es an verschiedenen Orten im Körper eingelagert, wie z.B. im Fettgewebe, in der Leber und im Muskel.

PGC-1alpha-trainierte Mäuse, die sich nicht bewegen, lagern in ihren Muskeln neben den Fetten aus der Nahrung zusätzlich auch mehr Lipide ab, die der trainierte Muskel selber herstellt. Die fettreiche Ernährung bei den PGC-1alpha-Mäusen führt somit zu einem erhöhten Fettgehalt in den Muskeln. In untrainierten Mäusen wird hingegen „nur“ das Fett aus der Ernährung im Muskel eingelagert und dadurch die kritische Fettmenge im Muskel erst später erreicht.

Ohne Bewegung geht’s nicht

Trainierte, körperlich inaktive Mäuse haben ihren untrainierten Artgenossen gegenüber also einen klaren Nachteil. Sie tragen bei einer ungesunden, zu fettreichen Ernährung und bei fehlender Bewegung ein höheres Risiko, fettleibig zu werden und an Insulinresistenz und später an Diabetes zu erkranken. Die untrainierten und inaktiven Mäuse, die eine fetthaltige Ernährung erhalten, erreichen diesen Krankheitszustand zwar auch, allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt als die PGC-1alpha-trainierten Tiere.

Für eine mögliche Fitness-Pille für den Menschen zur Steigerung von PGC-1alpha gilt, dass bei fettreicher Ernährung nur Bewegung hilft, wenn wir gesund bleiben und nicht dick werden wollen – selbst wenn unser Körper zuvor durch PGC-1alpha fit gemacht werden könnte. Ohne gleichzeitiges Training wäre die Einnahme einer solchen Pille sogar von Nachteil.

(Universität Basel, 11.11.2010 – NPO)

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