Ein internationales Forscherteam hat in den Regenwäldern Sulawesis eine neue Art von Zwergaffen entdeckt. Die Tarsius wallacei getauften Koboldmakis verrieten ihre Anwesenheit durch ihren Gesang, der sich von dem der bekannten Arten deutlich unterschied. Genanalysen der Affen enthüllten zudem überraschende Unterschiede zwischen zwei nur wenig voneinander entfernt lebenden Populationen, wie die Forscher im „International Journal of Primatology“ berichten.
Riesige Augen, große Ohren und lange, dünne Finger und Zehen lassen die nur zwölf Zentimeter großen Koboldmakis wie Kuscheltiere aussehen. Die nachtaktiven Insektenjäger leben im Unterholz der südostasiatischen Regenwälder und gehören zu den kleinsten Primaten Asiens. Neun Arten waren bisher bekannt. Der Biologe Stefan Merker von der Goethe-Universität konnte nun gemeinsam mit deutschen, indonesischen und amerikanischen Kollegen eine zehnte Art identifizieren. Die Forscher benannten die neue Art Tarsius wallacei zu Ehren des britischen Naturforschers Alfred Russel Wallace (1823-1913). Wallace entdeckte etwa zeitgleich mit Charles Darwin die Evolution durch natürliche Selektion.
Bedeutsam ist die Entdeckung vor allem deshalb, weil die Koboldmakis (oder Tarsier) uns Menschen im Stammbaum der Evolution näher stehen als die Lemuren Madagaskars, von denen manche eine ähnliche ökologische Nische besetzen wie ihre entfernten südostasiatischen Verwandten. Die Vorfahren der Koboldmakis haben sich vermutlich vor etwa 60 Millionen Jahren von allen anderen heute lebenden Primatengruppen getrennt, und dieser lange evolutionäre Alleingang hat seine Spuren in den wenigen Arten hinterlassen, die wir heute kennen.
Andersartiger Gesang verriet neue Art
Auf die Fährte der neuen Art kamen Merker und sein Team während ihrer Feldarbeit auf der indonesischen Insel Sulawesi. Dort hat sich die größte Vielfalt der Koboldmakis entwickelt. Die sulawesischen Tarsier leben in kleinen Familiengruppen, die sich morgens, wenn sie sich in ihre Schlafbäume zurückziehen, mit charakteristischen Duett-Gesängen verständigen. Bereits 2006, als Merker zwei andere Spezies untersuchte, fiel ihm der andersartige Gesang der Tiere südwestlich der Stadt Palu in Zentralsulawesi auf. Zwei Jahre später konnte er – gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft – der Frage nach der Identität dieser unbekannten Primaten nachgehen. Im Rahmen eines größeren Projekts wurden 15 der Tiere gefangen und untersucht.