Biologie

Huhn-Immunsystem besser als gedacht

Klassische Proteinstruktur mit neuen Eigenschaften entdeckt

Huhn © IMSI MasterClips

Ein internationales Forscherteam hat ein Protein im Immunsystem des Huhns entschlüsselt, das die Möglichkeiten der körpereigenen Abwehr des Tieres deutlich erweitert. Es ist aufgebaut wie ein klassisches Abwehr-Molekül, so wie es unter anderem beim Menschen vorkommt. Aber ganz anders als bei anderen Organismen ist es in der Lage, fremde Fette anstelle von Eiweißen zu erkennen.

Die Wissenschaftler zeigen jetzt in einer neuen Studie in „PloS Biology“, dass das Immunsystem des Huhns aus diesem Grund leistungsfähiger ist, als man es aufgrund der – im Vergleich zum Menschen – wesentlich geringeren Anzahl an Abwehrmolekülen vermuten würde.

MHC-Moleküle melden fremdes Eiweiß

Ein gemeinsames Merkmal des Immunsystems aller Wirbeltiere besteht im Vorhandensein des so genannten Haupthistokompatibilitätskomplexes – major histocompatibility complex (MHC). Der MHC produziert eine Gruppe von Molekülen, die für die Unterscheidung zwischen körperfremden und körpereigenen Stoffen zuständig sind. Sie haben die Aufgabe, dem Immunsystem fremdes Eiweiß – zum Beispiel von Viren oder Bakterien -, das in eine Körperzelle eingedrungen ist, zu „melden“.

Das Fremdeiweiß, das zuvor in seine Teilstücke, die so genannten Peptide, zerlegt wurde, dockt dabei gewissermaßen als „Bindungspartner“ an einer speziellen Stelle des MHC-Moleküls an. Daraufhin transportiert dieses Molekül das eingefangene Peptid an die Zelloberfläche und präsentiert es den dort vorbeiströmenden Immunzellen, unter anderem den so genannten T-Zellen. Wenn diese das Peptid als körperfremd erkennen, kommt es zu einer Reihe von Reaktionen, an deren Ende die Vernichtung der erkrankten Zelle steht.

MHC-Gene des Huhns

Die MHC-Gene des Huhns verteilen sich auf zwei Regionen (MHC-B und MHC-Y) desselben Chromosoms, so die Forscher um Professor Andreas Ziegler von der Charité – Universitätsmedizin Berlin zusammen mit Kollegen des Max Delbrück Centrums und der Freien Universität sowie dem Beckman Forschungsinstitut in Kalifornien in PloS Biology. Die MHC-B-Region weist Ähnlichkeit mit dem MHC bei Säugetieren auf, ist allerdings viel kleiner. Dennoch besitzen die Produkte dieser Gene die typische Struktur von klassischen MHC-Molekülen mit einer Bindungsstelle für Peptide.

Protein bindet Lipide

Die Wissenschaftler untersuchten nun Struktur und Bindungseigenschaften eines Proteins (YF1*7.1) aus der MHC-Y-Region. Mittels Röntgenkristallographie, einem Verfahren, mit dem man das molekulare Baugerüst eines Moleküls sichtbar machen kann, konnten sie zunächst zeigen, dass das YF1*7.1 Protein ebenfalls die für klassische MHC-Moleküle charakteristische Struktur aufweist. Allerdings besitzt es eine atypische Bindungsstelle, in der Lipide, nicht jedoch Peptide, gebunden werden. Diese Fähigkeit kennt man bislang lediglich von bestimmten „nicht-klassischen“ MHC-Proteinen – so genannten CD1-Proteinen.

Repertoire an MHC-Molekülen vergrößert

Die neuartige Bindung von Lipiden an das YF1*7.1-Protein schließt in struktureller Hinsicht die existierende Lücke zwischen klassischen und nicht-klassischen MHC-Molekültypen, so die Wissenschaftler. Die Lipide bindenden YF1-Proteine dienen dem Huhn möglicherweise dazu, sein im Vergleich zu Säugern sehr schmales Repertoire an MHC-Molekülen zu vergrößern, um auch diese Spezies effizient vor einer Vielzahl von Erregern zu schützen.

(Charité-Universitätsmedizin Berlin, 09.12.2010 – DLO)

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