Ein gewaltiger Meteoriteneinschlag hat vor ziemlich genau 200 Millionen Jahren Westeuropa erschüttert und dabei ein gigantisches Erdbeben und einen verhängnisvollen Riesen-Tsunami ausgelöst. Dies legen neue Studien eines deutsch-französischen Teams von Erdwissenschaftlern nahe, über die sie jetzt in der Fachzeitschrift „Meteoritics and Planetary Science“ berichten.
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Spuren des kosmischen Einschlags am Ende der Trias-Zeit sind noch heute unweit der Stadt Limoges im Westen Frankreichs zu erkennen. Dort liegt der weitgehend von der Erosion abgetragene und ursprünglich wahrscheinlich bis zu 50 Kilometer große Impaktkrater von Rochechouart.
Argon-Argon-Datierungsmethode im Einsatz
In ihm treten – ähnlich wie im rund 25 Kilometer durchmessenden Meteoritenkrater Nördlinger Ries in Süddeutschland – spezielle Gesteine auf, die von der unvorstellbar hohen Druck- und Hitzewelle während des Einschlags erzählen. Unter anderem findet sich im Rochechouart-Krater auch ein leuchtend grüner Suevit – ein Einschlagsgestein.
Mittels der aufwändigen Argon-Argon-Datierungsmethode haben die Forscher um Martin Schmieder und Elmar Buchner vom Institut für Planetologie der Universität Stuttgart, Mario Trieloff und Winfried Schwarz vom Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg sowie Philippe Lambert vom Institut Sciences & Applications in Bordeaux jetzt ein genaues Alter von 200 Millionen Jahren für den Rochechouart-Einschlag ermittelt.
Einschlag löste Tsunami-Welle aus
Das im damaligen Europa existierende Ur-Meer war die so genannte Tethys, ein Vorläufer des heutigen Mittelmeeres, der mit dem gerade neu entstandenen Atlantik in Verbindung stand. Wo sich heute der mehrere tausend Kilometer breite Nordatlantik befindet, war der Ozean zur damaligen Zeit gerade erst dabei, in schmale Gräben des aufbrechenden Superkontinents Pangäa vorzudringen.
Das Ende der Triaszeit war zudem durch intensiven Vulkanismus im zentralen, sich öffnenden Atlantik geprägt. Rekonstruktionen der Kontinentalplattenverteilung zur Zeit des Rochechouart-Einschlags zeigten den Wissenschaftlern zufolge, dass das Impakt-Ereignis sehr küstennah oder gar im Meer selbst stattgefunden hat, und dass enge Meeresstraßen die Ausbreitung einer durch den Einschlag ausgelösten Tsunami-Welle in verschiedene Richtungen unterstützt haben könnten.
Ein Erdbeben der Magnitude 11
Das Erdbeben, das durch den Einschlag des rund einen Kilometer großen, mehrere Milliarden Tonnen schweren und sehr schnellen Rochechouart Meteoriten ausgelöst wurde, dürfte nach Schätzung der Wissenschaftler eine Magnitude von 11 auf der Richter-Skala besessen haben. Es hätte damit ein Vielfaches der Energie des stärksten jemals von Menschen registrierten Erdbebens – Valdivia/Chile, 22. Mai 1960 – freigesetzt.
Mit einem solchen Katastrophen-Szenario könnten erstmals großflächig verbreitete, mehrere Meter mächtige und bisher zwar bekannte aber rätselhaft gebliebene „Seismit“-und Tsunami-Ablagerungen des Rät – also Gesteinsschichten, die in der ausgehenden Triaszeit durch Erdbebenwellen verformt und durch Flutwellen an Land gespült wurden – in weiten Teilen der Britischen Inseln und in Südfrankreich erklärt werden, so die Forscher. Möglicherweise steht sogar das globale Massensterben, das am Ende der Trias stattfand und damit die Jurazeit einleitete, mit dem Rochechouart-Ereignis in Verbindung.
Viele Gebäude aus Kratergestein
Wie im Nördlinger Ries sind auch in der Gegend des Rochechouart-Einschlags viele historische Gebäude und Stätten, so die Thermen von Chassenon – dem galloromanischen Cassinomagnus aus dem ersten Jahrhundert nach Christus – oder aber Schloss und Kirche der Kleinstadt Rochechouart aus dem Mittelalter, aus den lokalen exotischen Kratergesteinen erbaut, so die Geowissenschaftler.
Wie das Ries ist auch die Impaktstruktur von Rochechouart darüber hinaus mittlerweile nationaler Geopark, in dem die gewaltigen kosmischen Kräfte, die unseren Planeten erschüttern und umformen, im Gelände studiert werden können – zum Bespiel im Meteoritenkratermuseum „Espace Météorite“ in Rochechouart.
(Universität Stuttgart, 10.12.2010 – DLO)