Astronomie

Schnellste Sternenbildung des Alls

Exotische Galaxien belegen Schub extrem hoher Sternenbildungsrate im jungen Universum

Künstlerische Darstellung des Kerns einer exotischen Galaxie © NASA / CXC / M.Weiss

Astronomen haben mit Hilfe des Herschel-Weltraumtelekops eine Gruppe exotischer Galaxien entdeckt, in denen sich neue Sterne so schnell bilden wie nirgendwo sonst im Universum. Die Infrarotsignaturen der elf Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxien belegen, dass es im jungen Universum einen plötzlichen Schub der Sternenbildung gegeben haben muss – möglicherweise ausgelöst durch Kollisionen.

Erst vor einiger Zeit entdeckten Astronomen einen völlig neuen Typ extrem leuchtstarker, massereicher Galaxien im Weltraum. Sie liegen allesamt mehr als zehn Milliarden Lichtjahre entfernt und stammen daher aus dem frühen Universum, aus der Zeit nur wenige Milliarden Jahre nach dem Urknall. Im sichtbaren Licht nur schwach erkennbar, leuchten die neuentdeckten Galaxien vor allem im Infrarotbereich. Aber woher genau stammt dieses Leuchten? Das konnte bisher nicht festgestellt werden.

Herschel ermöglicht erstmals genaue Beobachtung

Doch das hat sich jetzt geändert, denn das 2009 gestartete Weltraumteleskop Herschel ist das erste, das auf diese Entfernungen hin Infrarotstrahlung hochauflösend genug abbilden kann. Mit Hilfe der „Spectral and Photometric Imaging Receiver”-Kamera (SPIRE) an Bord des Observatoriums untersuchte ein internationales Forscherteam jetzt rund 70 dieser exotischen Galaxien in der Konstellation Ursa major (Großer Bär). „Mit den Daten, die wir vorher hatten, konnten wir nicht feststellen, woher das Infrarotlicht dieser Galaxien kommt“, erklärt Rob Ivison, Professor für Astronomie an der Universität von Edinburgh. „Durch die Nutzung von SPIRE sehe wir jetzt, dass dies die Signatur der Sternenbildung ist.“

Sternenbildung im Schnellgang

Die Bilder belegen erstmals eindeutig, dass diese Galaxien enorm hohe Raten der Sternenbildung aufweisen, dort entstehen neue Sterne schneller und häufiger als irgendwo sonst im Universum. Die neugebildeten Sterne sind größtenteils noch von den heißen Gas- und Staubwolken umgeben, in denen sie geboren wurden. Die hohe Gasdichte liefert noch Nachschub für hunderte von Millionen Jahren intensiver Sternenbildung, so die Astronomen. Die mit minus 240° Celsius „heißen“ Gase sind es auch, die das intensive Leuchten der Galaxien im Infrarot verursachen.

„Die Herschel-SPIRE-Messungen haben die neue Population von Galaxien als sehr viel heißer als erwartet enthüllt“, erklärt Scott Chapman vom Institute of Astronomy in Cambridge und Hauptautor der jetzt in der Fachzeitschrift „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society” vorgestellten Studie. „Der Grund dafür sind die Sterne, die sich dort weitaus schneller bilden als wir zuvor angenommen hatten.“

Kollisionen junger Galaxien als Ursache?

Da die neuen Galaxien rund elf Milliarden Lichtjahre entfernt liegen, bieten sie ein Fenster in die Vorgänge im jungen Universum, in die Zeit nur rund drei Milliarden Jahre nach dem Urknall. Nach Ansicht der Astronomen müssen sich damals gewaltige Kollisionen zwischen zuvor ungestörten, jungen Galaxien gehäuft und diesen Schub der Sternenbildung ausgelöst haben. Weitere Beobachtungen sollen nun klären, woher die Galaxien ihre Energie nehmen und wie sie sich entwickeln werden, nachdem ihre Aktivitätsschübe beendet sind.

(Royal Astronomical Society (RAS), 23.12.2010 – NPO)

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