Warum ist die Sonnenatmosphäre so viel heißer als ihre Oberfläche? Erstmals haben Astrophysiker dafür jetzt einen vielversprechenden „Verdächtigen“: In „Science“ belegen sie erstmals die Existenz Millionen Grad heißen Plasmajets, die mit großer Geschwindigkeit von der Oberfläche in die Atmosphäre schießen. Sie könnten die lange gesuchte „Heizung“ der Korona sein. Woher allerdings diese „Spikulae“ ihre Hitze nehmen, ist noch immer rätselhaft.
Eines der hartnäckigsten Rätsel der Sonnenphysik ist die Frage, warum die äußere Atmosphäre der Sonne, die Korona, Millionen Grad heißer ist als die „nur“ 6.000 Kelvin warme Sonnenoberfläche. Zwar sind in den letzten Jahrzehnten zahlreiche theoretische Modelle zu mögliche koronaren Heizmechanismen diskutiert worden, direkte Belege der postulierten Mechanismen gab es jedoch nicht. Jetzt hat eine neue Studie eines amerikanisch-norwegischen Forscherteams erstmals Beobachtungen gemacht, die eine der Theorien endgültig bestätigen könnten.
Plasmajets zu kalt für koronare Heizung?
Die Forscher konzentrierten sich in ihrer Studie auf die Beobachtung von Spikulae, schmalen Fontänen heißen Plasmas, die von einer Region nahe der Sonnenoberfläche bis in die äußere Atmosphäre hinaufschießen. Diese „Jets“ galten schon in den 1980er Jahren als mögliche Heizung der Korona, wurden in weiteren Forschungen jedoch weitestgehend vernachlässigt, da sie nach damaligen Beobachtungen nicht heiß genug zu sein schienen. „Das Aufheizen der Spikulae auf Millionen Grad ist zuvor noch niemals direkt beobachtet worden, daher war auch ihre Rolle für die koronare Heizung als unwahrscheinlich abgetan worden“, erklärt Bart De Pontieu, Hauptautor der Studie und Sonnenphysiker am Solar and Astrophysics Laboratory von Lockheed Martin (LMSAL).
Neuer Typ von superheißen Spikulae entdeckt
Im Jahr 2007 jedoch machten De Pontieu und seine Kollegen eine entscheidende Entdeckung: Sie identifizierten einen neuen, zuvor unbekannten Typ von Spikulae, der sich viel schneller bewegte und kurzlebiger war als die traditionellen Plasmajets. Diese „Typ II“-Spikulae schossen mit mehr als 100 Kilometern pro Sekunde in die Höhe, bevor sie plötzlich verschwanden. Genau dieses schnelle Verschwinden war für die Astrophysiker schon ein erster Hinweis, dass die Jets sehr heiß sein könnten.