Klima

Klimawandel geht bis zum Jahr 3.000

Simulation zeigt erstmals Klimaverlauf der nächsten 1.000 Jahre bei komplettem Emissionsstopp

Temperaturentwicklung 2105 bis 2995 © Nature Geoscience / Marshall et al.

Der Klimawandel ist bereits unumkehrbar: Selbst wenn wir sämtliche CO2-Emissionen stoppen würden, würde die Erwärmung von Luft und Ozeanen noch mindestens bis zum Jahr 3000 anhalten. Das zeigt die erste umfassende Simulation der Klimafolgen der nächsten 1.000 Jahre. Nach der jetzt in „Nature Geoscience“ veröffentlichten Studie würden auch die Meeresspiegel trotz Emissions-Stopp um bis zu vier Meter weiter ansteigen. Diese Klimaträgheit macht auch Geo-Engineering-Maßnahmen erst einmal unwirksam.

Selbst wenn wir heute sämtliche Emissionen von Treibhausgasen stoppen würden, würde der Klimawandel sich nicht sofort stoppen lassen. Soviel ist bekannt. Wie lange aber die Trägheit des Klimasystems nach einem Ende der Emissionen für ein Anhalten der Erwärmung sorgen würde, dazu gab es bisher keine Daten oder Prognosen. Jetzt haben Wissenschaftler verschiedener kanadischer Universitäten unter Leitung des Canadian Centre for Climate Modelling and Analysis genau diesen Fall untersucht.

Szenarios mit komplettem Emissions-Stopp simuliert

„Wir haben ‘was wäre wenn’-Szenarios erzeugt: Was wäre wenn wir die Nutzung fossiler Brennstoffe komplett stoppen würden und kein CO2 mehr in die Atmosphäre abgeben?“, erklärt Shawn Marshall, Klimaforscher und Professor für Geografie an der Universität von Calgary. „Wie lange würde es dann dauern um die jetzigen Klimawandel-Trends umzukehren? Oder würden die Dinge erst schlimmer werden?“ Um das herauszufinden, führten die Forscher die erste komplette Klimasimulation für die nächsten 1.000 Jahre durch. Dabei erkundeten sie die Folgen von Null-Emissions-Szenarien, die einmal bereits 2010, einmal erst im Jahr 2100 beginnen.

Erwärmung bis in 1.000 Jahren nicht reversibel

Das Ergebnis ist ernüchternd: Selbst wenn wir bereits im letzten Jahr sämtliche Treibhausgas-Emissionen abgestellt hätten, würden die Meeresspiegel bis zum Jahr 3000 allein durch die thermische Ausdehnung um 23 Zentimeter weiter steigen. Hinzu kämen noch Effekte durch Schmelzwasser. Die Erwärmung der Atmosphäre und der atmosphärische CO2-Gehalt würden zwar nicht weiter ansteigen, doch reversibel wären auch sie nicht – zumindest nicht innerhalb der nächsten 1.000 Jahre.

Kollaps des Westantarktis-Eises bei Stopp erst 2100

Noch gravierender wären die Folgen bei einem simulierten Emissionsstopp erst im Jahr 2100, hier sind die meisten Klimafolgen nicht nur anhaltend und unumkehrbar, sondern verstärken sich im Laufe der Zeit sogar noch. Während die Lufttemperaturen im Szenario 2100 weiter um 4,8°C anstiegen, erwärmten sich die Ozeane bis zum Jahr 3000 um 2,4°C. Diese Meereserwärmung verursacht als thermische Ausdehnung einen zusätzlichen Meeresspiegelanstieg von einem Meter.

„Verschiedene aktuelle Studien haben bereits demonstriert, dass die CO2-induzierte Veränderung der globalen Mitteltemperaturen in menschlichen Zeitskalen irreversibel ist“, erklären die Forscher in ihrem Artikel. „Wir stellen fest, dass nicht nur der Klimawandel irreversibel ist, sondern dass einige Klimavariablen, darunter die antarktischen Temperaturen und die Niederschläge in Nordafrika, sich noch für viele Jahrhunderte verschlimmern werden, selbst nach einem kompletten Stopp der CO2-Emissionen.“

Dabei reagieren verschiedenen Regionen ganz unterschiedlich: Während die Nordhalbkugel sich nach Stopp der Emissionen sogar wieder ein wenig abkühlt, bleibt die Südhalbkugel anhaltend warm. In Nordafrika führt dies zu einer Verschlimmerung der Desertifikation, die 30 Prozent der Landfläche zusätzlich zur Wüste macht. Das Südpolarmeer vor der Antarktis wäre um bis zu 5°C erwärmt und dies würde höchstwahrscheinlich einen Kollaps der westantarktischen Eisschilde nach sich ziehen. Ein weiterer Meeresspiegelanstieg wäre die Folge.

Ozean lässt Südhalbkugel besonders träge reagieren

Grund für diese unterschiedliche Reaktion der beiden Hemisphären ist nach Ansicht der Forscher vermutlich die langsame Bewegung des Meerwassers vom Nord- in den Südatlantik. „Die Weltmeere und Teile der Südhalbkugel besitzen weitaus mehr Trägheit, daher findet hier der Wandel langsamer statt”, so Marshall. „Die Trägheit in mittleren und tiefen Meeresströmungen, die in den Südatlantik fließen bedeutet, dass diese Ozeane erst jetzt beginnen, auf die Emissionen des letzten Jahrhunderts zu reagieren. Die Simulation zeigte, dass die Erwärmung innerhalb der nächsten 1.000 Jahre sich eher fortsetzen wird als aufzuhören.“

Auch die Windmuster der Südhalbkugel könnten zu dieser extremen Trägheit beitragen. Nach Angaben von Marshall neigen die südliche Winde dazu, sehr lange sehr stark anzuhalten ohne abzuflauen. „Dies fördert die Durchmischung des Meeres und transportiert mehr Wärme von der Atmosphäre ins Wasser.“

Geo-Engineering nutzlos

Die jetzt ermittelte große Trägheit des Klimasystems würden im Übrigen auch Geo-Engineering-Maßnahmen relativ nutzlos machen, wie die Forscher betonen: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine Geo-Engineering-Aktion mehrere Jahrhunderte lang ineffektiv bleiben würde, aufgrund der langen Verzögerung durch die Erwärmung der tieferen Meeresschichten.“ Ihrer Ansicht nach ist es daher umso wichtiger, nicht bis zum Jahr 2100 zu warten, sondern möglichst frühzeitig die Treibhausgas-Emissionen zu vermindern. (Nature Geoscience, 2011; DOI: 10.1038/ngeo1047)

(University of Calgary, 12.01.2011 – NPO)

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