Geowissen

Erdbeben: Gibt es doch Vorwarn-Zeichen?

Seismologen entdecken charakteristische Vorbeben-Signale beim Izmit-Beben von 1999

Hätte das Beben von Izmit vorhergesehen werden können? © USGS/ Bouchon et al.

Möglicherweise haben Wissenschaftler zum ersten Mal eindeutige Vorzeichen für ein sich anbahnendes Erdbeben entdeckt. Bei einer Neuanalyse der seismischen Daten des Bebens in der türkischen Stadt Izmit im Jahr 1999 entdeckten sie charakteristische Aktivitätspulse im Untergrund. Wie die Forscher in „Science“ berichten, könnten solche Vorbeben – sollte sich deren Existenz auch bei anderen Starkbeben bestätigen – die zukünftige Frühwarnung deutlich verbessern.

Es ist bekannt, dass einige Erdbeben sich durch „Vorbeben“ ankündigen. Allerdings lässt sich dies immer nur im Nachhinein feststellen, denn bisher gibt es keine objektive Methode, um die Vorbeben von normalen kleineren Beben zu unterscheiden. Auf der anderen Seite deuten Laborversuche und theoretische Modelle darauf hin, dass es vor einem Beben eine Instabilität der aneinander entlanggleitenden Gesteine geben muss. Ob allerdings diese Instabilität groß genug ist, um von der Erdoberfläche aus und unter realen Bedingungen identifiziert zu werden, war bisher unbekannt.

Neuer Blick auf die Daten des Izmit-Bebens von 1999

Ein Forscherteam um Michel Bouchon von der Universität von Grenoble in Frankreich und Hayrullah Karabulut vom türkischen Kandilli Observatorium und Erdbebenforschungsinstitut in Istanbul hat nun jedoch wichtige Hinweise entdeckt, die diese Frage beantworten könnten. In ihrer Studie analysierten die Daten eines Erdbebens der Stärke 7,6, das im Jahr 1999 nahe der türkischen Stadt Izmit auftrat und verheerende Folgen für die Region hatte. Dank eines seismologischen Messnetzes in diesem Gebiet, gehört dieses Starkbeben an der nordanatolischen Verwerfung zu den am besten untersuchten überhaupt.

Vorzeichen: 44 Minuten lang Signalpulse

Während des Izmit-Bebens verschoben sich die beiden in der Verwerfung aneinandergrenzenden tektonischen Platten ruckartig um drei Meter gegeneinander. Diese plötzliche Bewegung ereignete sich im festen, spröden Teil der Kruste. Wie die Forscher jetzt entdeckten, trat vorher jedoch ein messbares Muster der seismischen Aktivität auf, das von der Basis der spröden Krustenzonen ausging. Sein Ursprung liegt nahe dem Hypozentrum, dem Punkt, an dem der Bruch im Gestein begann. Das gemessene seismische Signal belegt, dass dieser Teil der Verwerfung schon vor dem Erdbeben 44 Minuten lang unregelmäßig aber fast kontinuierlich verrutschte.

Neue Hoffnung für bessere Frühwarnung

Sollte sich die Existenz eines solchen Signals auch bei anderen großen Beben bestätigen, könnte sich hier eine Chance zu einer besseren Frühwarnung eröffnen. „Die relativ lange Dauer der Nukleation und die Beobachtung, dass es ein charakteristisches Signal aussendet, sind ermutigend für mögliche Frühwarnsysteme”, erklären die Forscher. „Aber es bleibt abzuwarten, ob dieses Verhalten auch auf andere starke Erdbeben anwendbar ist.“ Einige andere gut untersuchte Erdbeben, wie beispielsweise im Jahr 2004 im kalifornischen Parkfield oder 199 im taiwanesischen Chi-Chi zeigen solche Vorzeichen offenbar nicht.

Die Wissenschaftler wollen nun die Seismischen Daten weiterer Erdbeben analysieren, um die Verbreitung solcher Vorbeben herauszufinden. Auch seismische Netzwerke, wie in Kalifornien oder der Türkei bereits vorhanden, seien sinnvoll, um solche Ereignisse in Zukunft einfangen zu können. (Science, 2011; DOI: 10.1126/science.331.6019.836)

(Science/ AAAS, 23.02.2011 – NPO)

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