Neuartige Antennen aus gekoppelten Ionenwolken könnten Quantencomputer leistungsfähiger machen. In „Nature“ haben Physiker ein Experiment vorgestellt, in der im Gleichklang schwingende Ionen Quanteninformation zwischen Speicherzellen auf einem Computerchip austauschen. Der dabei stattfindende Energieaustausch könnte die Grundlage für elementare Rechenoperationen eines Quantencomputers sein.
Vor sechs Jahren wurde an der Universität Innsbruck das erste Quantenbyte – ein Quantencomputer mit acht Recheneinheiten – realisiert. Ein Rekord, der bis heute hält. „Um aber mit einem Quantencomputer richtig rechnen zu können, benötigen wir wesentlich mehr Quantenbits“, erklärt Rainer Blatt, der dieses erste Quantenbyte mit einem Team am Institut für Experimentalphysik in einer elektromagnetischen Ionenfalle hergestellt hat. „In diesen Fallen können wir nicht beliebig viele Ionen aneinanderreihen und gleichzeitig kontrollieren.“
Ionenbewegung als Antenne
Die Wissenschaftler sind deshalb dazu übergegangen, den Quantencomputer als System von vielen kleinen Registern zu konzipieren. Diese müssen miteinander verbunden werden. Dafür haben die Innsbrucker Quantenphysiker nun einen revolutionären Ansatz entwickelt, der auf einer Idee der Theoretiker Ignacio Cirac und Peter Zoller basiert. Demnach sollen sich zwei Gruppen von Ionen über eine Entfernung von rund 50 Mikrometern elektromagnetisch koppeln lassen. Dabei dient die Bewegung der Teilchen als Antenne.
„Die Teilchen schwingen wie die Elektronen in den Stäbe einer Fernsehantenne und erzeugen so ein elektromagnetisches Feld“, erklärt Blatt. „Wenn die Antennen aufeinander abgestimmt sind, nimmt der Empfänger das Signal des Senders auf und es entsteht eine Kopplung.“ Der dabei stattfindende Energieaustausch könnte die Grundlage für elementare Rechenoperationen eines Quantencomputers sein.
„Wir haben diese Idee zunächst in sehr einfacher Weise umgesetzt“, erzählt Blatt. In einer miniaturisierten Ionenfalle wird ein wellenförmiges Potential eingerichtet, in dem die Calcium-Ionen gefangen sind. Die beiden Wellentäler liegen 54 Mikrometer auseinander. „Durch das Anlegen einer Spannung an den Elektroden der Ionenfalle können wir die Schwingungsfrequenzen der Ionen aneinander anpassen“, so der Forscher. „Dabei kommt es zur Kopplung und zum Energieaustausch, über den wir Quanteninformation übertragen können.“
Erster Beleg direkter Schwingungs-Kopplung auf Quantenebene
Noch nie zuvor konnte eine direkte Kopplung von zwei mechanischen Schwingungen auf Quantenebene demonstriert werden. Die Wissenschaftler zeigen in dem Experiment darüber hinaus, dass die Kopplung umso stärker ist, je mehr Ionen in den beiden Gruppen vorhanden sind. „Die zusätzlichen Ionen wirken wie Antennen und erhöhen die Reichweite und Geschwindigkeit der Übertragung“, zeigt sich Rainer Blatt von dem neuen Konzept begeistert. Es stellt einen vielversprechenden Ansatz für den Bau eines voll funktionsfähigen Quantencomputers dar. „Diese neue Technologie bietet uns die Möglichkeit zur Verschränkung mittels Kommunikation. Gleichzeitig können wir jede Speicherzelle einzeln ansprechen“, so Blatt.
Der neue Quantencomputer könnte auf einem Chip mit vielen Mikrofallen basieren, in denen Ionen mittels elektromagnetischer Kopplung miteinander kommunizieren. Dies wäre ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zu alltagstauglichen Quantentechnologien für die Informationsverarbeitung. (Nature, 2011; DOI: 10.1038/nature09800)
(Universität Innsbruck, 24.02.2011 – NPO)