Die Waldböden Europas produzieren mindestens doppelt so viel Lachgas, wie vom Weltklimarat IPCC bisher angenommen. Schuld daran sind vom Menschen aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie freigesetzte Stickstoffverbindungen, die über die Luft in die Wälder transportiert und dort in das Treibhausgas umgewandelt werden. Das enthüllt das jetzt vorgestellte Gutachten „European Nitrogen Assessment“ (ENA), das Stickstoffeinträge mit ihren ökologischen und ökonomischen Auswirkungen im gesamteuropäischen Kontext analysiert hat.
Lachgas gehört nach Kohlendioxid und Methan zu den Hauptverursachern des Treibhauseffekts. Dabei ist ein Kilogramm Lachgas rund 300 Mal treibhauswirksamer als die gleiche Menge Kohlendioxid. Es entsteht unter anderem aus hauptsächlich vom Menschen verursachten reaktiven Stickstoffverbindungen (z.B. NH3 und NOx). Nach deren Eintrag über die Luft werden diese Gase von den Waldböden teilweise zu Lachgas (N2O) umgewandelt. Welche Lachgasmengen dabei gebildet werden, hat jetzt erstmals die Studie „European Nitrogen Assessment“ (ENA) im Auftrag der UN-Kommission für Luftreinhaltung in Europa untersucht.
Zwei bis sechs Prozent werden zu Lachgas
Das Gutachten, an dem mehr als 200 Experten aus 21 Ländern und 89 Organisationen mitgewirkt haben, erbrachte kein sehr positives Ergebnis: Es zeigt, dass die Auswirkungen von aus der Luft in die Wälder Europas eingetragenem reaktivem Stickstoff bisher deutlich unterschätzt wurden. Denn im Wald werden etwa zwei bis sechs Prozent des reaktiven Stickstoffs in Lachgas umgewandelt, das aus dem Waldboden wieder in die Atmosphäre aufsteigt. Der Weltklimarat (IPCC) war bisher von einer Menge von nur etwa einem Prozent ausgegangen. Bezogen auf eine Waldfläche von 188 Millionen Hektar hat sich der Eintrag reaktiven Stickstoffs im Vergleich zum Jahr 1860 im Jahr 2000 um 1,5 Millionen Tonnen erhöht. Dies bedeutet eine Steigerung von etwa acht Kilogramm reaktiven Stickstoff pro Hektar Wald.
„[Dieses Gutachten] zeigt, dass Stickstoffemissionen durch die Industrie und die Landwirtschaft in die Atmosphäre wesentlich größere Auswirkungen auf Lachgasemissionen aus Böden haben als bisher angenommen“, kommentiert Mark Sutton vom Centre for Ecology & Hydrology in Grossbritannien in “Nature” die Studienergebnisse. „Dieses Ergebnis liefert zusätzliche Argumente für die Rückführung der Emissionen von Stickstoffoxiden und Ammoniak, was entsprechend positive Auswirkungen für Klima, Luftqualität und Biodiversität hätte.”